Unsere Gemeinde
Nachfolgend bekommen Sie weitere Infos zu unserer Gemeinde.
Ortsentstehung und früheste Urkunden
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Die alemannische Landnahme
Die Alemannen hatten in einem groß angelegten Vorstoß in den Jahren 259/260 den römischen Limes (er verlief in unserem Bereich vom Hesselberg nach Gunzenhausen) überrannt. Erst nach der Aufgabe des Gebietes südlich der Donau durch die Römer um das Jahr 400 und der Vernichtung der Hunnen durch die Römer im Jahr 451 war unsere Gegend für die Alemannen sicherer und diese begannen mit ersten Siedlungsaktivitäten. Die Entstehungzeit von Hainsfarth fällt sicherlich in diese Zeit, ist jedoch wegen fehlender Urkunden unklar. Es legen alemannische Gräberfunde im Mahlerfeld und auf dem Gelände der jetzigen Schule eine Gründung des Ortes zwischen 400 und 500 n. Chr., spätestens jedoch im 6. Jahrhundert nahe.
Von der Wörnitzfurt, an der sich die wickelt hatte, leitet sich auch der alte Ortsname „Heimesfurt” ab. Die große Ausdehnung des Altdorfes hatte zur Anlage von zwei Friedhöfen am nördlichen und am südlichen Ortsrand (im Bereich der heutigen Schule und im Mahlerfeld) geführt. Es könnte vermutet werden, dass die Bewohner der Höfe südlich des Dorfbaches (Im Unterdorf) auf dem Friedhof im Mahlerfeld bestattet wurden und die restlichen Einwohner um den Dorfplatz ihren Begräbnisplatz an der heutigen Schule hatten.
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Hainsfarth im Frühmittelalterv
Sicherlich bereits schon im 8. Jahrhundert wurden die Hainsfarther Kirche und Pfarrei gegründet. Sie war Urpfarrei für die umliegenden Kleinsiedlungen und Dörfer.
Wichtige Hinweise auf die Größe und das Aussehen des ursprünglichen Dorfes geben die Urhöfe und Lehengüter. Man geht davon aus, dass diese Höfe sehr weit in die Geschichte eines jeden Dorfes zurückreichen. Oftmals sind diese Höfe auch mit den Althöfen bei der Ortsentstehung identisch. In Hainsfarth gab es 16 Hofgüter und sieben Hauslehen, die als Überreste von Althöfen anzusehen sind. Die Höfe konzentrieren sich auf den Dorfplatz, die Hauptstraße und die Steinstraße.
Der Weiler Wornfeld und der ehemalige Weiler und der spätere Einzelhof Höfen (= Hefehof) dürften im 8. oder 9. Jahrhundert gegründet worden sein. Die Gründung der beiden Wörnitzmühlen (Aumühle und Fürfällmühle) könnte bereits im 9. oder 10. Jahrhundert erfolgt sein.
Das Ortsadelsgeschlecht derer „von Heimesfurt” entstammte mit großer Wahrscheinlichkeit dem Edlengeschlecht auf dem Meierhof und errichtete sich später oben auf dem Burschel eine Höhenburg von der heute leider keine Spuren mehr vorhanden sind. Lediglich der Flurname „Burschel” (früher: Burgstall = Stelle, an der eine Burg gestanden ist) erinnert noch an die Hainsfarther Burg.
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Hainsfarth – 1200 Jahre alt?
In verschiedenen Artikeln in Festschriften und heimatkundlichen Beiträgen wird berichtet, die früheste schriftliche Erwähnung von Hainsfarth stamme aus dem Jahr 805. Die Angaben zur ersten urkundlichen Nennung widersprechen sich allerdings. Einmal ist die Rede von einer Kirchenweihe im Jahr 805 durch den Eichstätter Bischof Agan; in anderen Abhandlungen dagegen wird von der Güterschenkung eines gewissen Walto an das Kloster Fulda berichtet.
Bei der Erstellung der Ortschronik wurde nun versucht, möglichst alle frühen Quellen zu sichten, wissenschaftliche Abhandlungen darüber zu beschaffen und ggf. Fotoabzüge der Originalschriftstücke zu erhalten. Dabei stellte sich heraus, dass eine Urkunde aus dem Jahr 805 gar nicht vorhanden ist. Ab der Zeit kurz vor dem Jahr 1200 sind dann mehrere schriftliche Quellen über Hainsfarth vorhanden. Für die Jahrhunderte vorher konnten nur drei schriftliche Zeugnisse gefunden werden. Es handelt sich dabei um:Die wundersame Heilung des Knaben Huno aus Hainsfarth im Kloster Monheim (894)
Die Kirchenweihe in Hainsfarth unter Bischof Gundekar II. von Eichstätt (um 1073)
Die schriftliche Überlieferung zweier Güterschenkungen an das Kloster Fulda (um 1130/40). Die Schenkungen dürften um das Jahr 800 erfolgt sein.
Also stellt sich die Frage, wie es zu den immer wieder zitierten, jedoch offensichtlich nicht vorhandenen Urkundennennungen des Jahres 805 gekommen ist. Bei der Durchsicht der bisherigen Publikationen fiel ein Artikel im Pastoralblatt des Bistums Eichstätt von 1862 auf. Unter der Überschrift „Notizen über die Einweihungen von Kirchen und Altären im Bisthum Eichstätt” erfolgt die Aufzählung verschiedener früher schriftlicher Zeugnisse. Hainsfarth wird darin in einer Auflistung früher Schriftzeugnisse in folgendem Zusammenhang genannt....
7) 2. April 805 übergibt ein Christian die Kirche in Mündling dem Kloster Lorch.
7) Walto Presbyter tradidit S. Bonifacio bona sua in Villa Heimenesfurt
9) Im Jahre 810 ...Offenbar hat dieser Aufsatz zu dem Missverständnis geführt, dass auch die undatierte Güterschenkung des Walto an das Kloster Fulda aus dem Jahre 805 stamme. Eine weitere Fehlinterpretation (offenbar aufgrund der Überschrift des Aufsatzes) ist, dass es sich hier um eine Kirchenweihe handele. Diese vermeintliche Kirchenweihe wurde dann nachträglich dem Bischhof Agan zugeschrieben.
Hainsfarth ist sicherlich schon weit über 1200 Jahre alt, auch wenn im Jahr 2005 eigentlich erst ein 1111-jähriges Jubiläum anstehen würde. Schriftliche Zeugnisse weisen jedoch in die Zeit um das Jahr 800. Allerdings findet sich unter den frühesten Schriftstücken keine Urkunde, die mit dem Jahr 805 datiert ist. Nachfolgend sollten die drei Ersterwähnungen näher beschrieben werden.
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Die wundersame Heilung des Knaben Huno aus Hainsfarth (894)
Im Jahr 893 hatte die Äbtissin des Klosters Monheim verschiedene Reliquien der Hl. Walburga erhalten. Nach der Überführung der heiligen Gebeine pilgerten die Menschen aus der näheren und weiteren Umgebung nach Monheim. Dort kam es zu verschiedenen Wunderheilungen, die der Herriedener Priester Wolfhard in einer zeitgenössischen Handschrift festgehalten hat In diesem Mirakelbuch taucht auch der Ortsname „Heimunesfurt” auf. Es wird berichtet, dass der Knabe Huno aus dem nicht weit entfernten Hainsfarth zum Kloster gekommen sei. Dieser Knabe wäre von Geburt an blind und erhielte nach dem Besuch der Reliquien im Kloster das Augenlicht geschenkt. Außerdem werden in dieser Quelle unter anderem die Orte Obermögersheim und Muhr am See genannt.
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Die Kirchenweihe unter Bischof Gundekar II. von Eichstätt (um 1073)
Unter der Amtszeit des Bischofs Gundekar Il. von Eichstätt (1057—1075) wurde eine ganze Reihe von Kirchen eingeweiht. In einem prachtvoll illustrierten Buch über sein Wirken, dem sogenannten „Pontifikale Gundekarianum”, erscheint unter 126 geweihten Kirchen an 119. Stelle auch „Haimenesvurt”. Leider findet sich keine Angabe einer Jahreszahl, über die Weihe der Hainsfarther Kirche. Aufgrund der Nennung von Hainsfarth an einer der letzten Stellen unter den geweihten Kirchen wird davon ausgegangen, dass diese Kirchenweihe auch zum Ende der Amtszeit von Gundekar erfolgt ist. Folglich könnte der Bischof im Jahr 1073 bei einer Reise nach Schwaben die (nacheinander genannten) Kirchen in Einsfeld, Itzing, Wittesheim, Hainsfarth, Geilsheim udn Dettenheim geweiht haben.
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Die Überlieferung zweier Güterschenkungen an das Kloster Fulda (um 1130/40)
Das von Bonifatius gegründete Reichskloster Fulda erhielt seit dem Jahr 744 zahlreiche wichtige Schenkungen in Mittel- und Süddeutschland. Die frühen Güterschenkungen wurden einige hundert Jahre später in der Zeit um 1130/40 von dem Fuldaer Mönch Eberhard zusammengestellt und schriftlich festgehalten. Darin wird zwar nicht das Schenkungsjahr, wohl aber der Gönner genannt, dessen Andenken ja zu dessen Seelenheil bewahrt werden sollte. Diese Besitzlisten (auch „Traditionelles Fuldensis“ genannt) Hatten auch den Zweck, das weit verstreute Grundeigentum des Klosters zu dokumentieren und damit sichern. Die Grundlage leisteten sicherlich damals noch vorhandene Schenkungsurkunden und -listen.
Heute, da die Originalurkunden vielfach verschollen sind, sind diese „Fuldaer Traditionen" wichtige Schriftstücke, die die Existenz zahlreicher Orte um das Jahr 800 nachweisen. Die Datierung des Schenkungsvorganges erfolgt im Regelfall aufgrund der Amtszeit der Äbte des Klosters Fulda. Die beiden Schenkungen des Priesters Walto, sowie des Ratolf mit seiner Frau Dietlind sind zwischen den Jahren 750 und Jahr 802 erfolgt.
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Die Hainsfarther Burg
Dort wo sich heute das Sportgelände auf dem Burschel befindet, stand im Mittelalter eine Burg. Über deren Aussehen ist praktisch nichts bekannt. Man kann lediglich die Lage anhand der Geländebezeichnung Burschel (= Burgstall, aufgegebene Burg) festlegen. Nach der Geländeform, die allerdings im Lauf der Jahrhunderte durch die Steinbruchtätigkeit völlig verändert worden ist, würde man den Standort dieser Burg in den Eingangsbereich zum Sportgelände legen. Dorthin führte schon früher vom Dorf aus ein Weg.
Auf einer Karte in dem Buch „Das Ries, wie es war, und wie es ist” von 1837 finden sich Römerstraßen, Burgen und Wallanlagen verzeichnet. Neben Oettingen und Hohentrüdingen ist in unserer Gegend auch Hainsfarth und direkt östlich davon eine Wallanlage mit der Bezeichnung „Festung” eingezeichnet. Ob es sich hier um eine Verzeichnung und die Steinharter Burg oder um damals tatsächlich noch vorhandene Reste der Hainsfarther Burg oder gar um eine vorgeschichtliche Wallanlage handelt ist nicht mehr zu klären. Das Werk von Weng und Guth ist auch – zumindest was vorgeschichtliche und römische Funde und Bauwerke angeht – sehr unzuverlässig.
Wie muss man sich nun diese mittelalterliche Burganlage oberhalb von Hainsfarth vorstellen? Zunächst denkt man in diesem Zusammenhang an die stattlichen Burganlagen in Harburg und Alerheim oder die mächtige Ruine Flochberg bei Bopfingen. Diese Burgen waren jedoch als staufische Reichsburgen von großer strategischer Bedeutung. Anders in Hainsfarth; hier liegen lediglich einige wenige urkundliche Nennungen vor. Es handelte sich offenbar um ein wenig bedeutendes Niederadelsgeschlecht.
Diese Herren von Heimesfurt werden als Ministerialen des Hochstifts Eichstätt angesehen. Im Hochmittelalter gab es eine Vielzahl von örtlichen Niederadeligen. Bei deren Burgen handelte es sich meist nur um bescheidene Hügel, auf dem ein hölzerner oder auch steinerner Wohnturm und daneben ein Neben- oder Wirtschaftsgebäude stand. Die Hügel solcher Kleinburgen sind heute noch beispielsweise im Ortsbereich von Belzheim und Dornstadt zu sehen. Der Einflussbereich solcher Ministerialen beschränkte sich im Regelfall nur auf eine Ortschaft. Eine höhere Stellung unter den Rieser Adeligen nahmen die Edelfreien ein. Im Ries waren dies die Hürnheimer, die Lierheimer, aber auch die Späten von Steinhart, deren Territorium mehrere Ortschaften umfasste. Dementsprechend errichteten diese Edelfreien etwas größere Burgen, deren stattliche Überreste bzw. Nachfolgebauten heute noch zu sehen sind (Ruine Niederhaus, Schloß Lierheim, Burg Steinhart). Die Spitze der Rieser Adeligen bildeten die Grafen von Oettingen, die dem Hochadel zuzurechnen sind. Sie hatten ein ausgedehntes Territorium mit unterschiedlichen Regalien (Herrschaftsrechten), verschiedene Herrschaftssitze und untergebene Lehensmänner. Die Ursprünge des Hainsfarther Burgstalles liegen sicher im alten Dorfkern. Vermutlich hat im Bereich des Meierhofes in der Jurastraße im frühen Mittelalter ein Dorfadeliger gewohnt. Hier ist auch die Hofstelle des vermutlichen Ortsgründers Heimo zu suchen. Um das Jahr 1000 n. Chr. erbauten solche Ortsadeligen mehr und mehr befestigte Burgen. So dürfte auch in Hainsfarth diese Familie von ihrem Hof im Dorf in eine neu erbaute einfache Turmburg auf dem benachbarten Höhenrücken umgezogen sein.In den Jahren zwischen 1200 und 1400 fand bei den adeligen Herrschaftsträgern ein starker Konzentrationsprozess statt. Wenige Familien konnten Macht und Einfluss mehren, während eine Vielzahl von kleineren Adelsgeschlechtern ihre Existenzbasis verlor und wegzog oder ausstarb. Auch die Hainsfarther Ritterfamilie ereilte ein solches Schicksal, auch wenn über die genauen Umstände nichts überliefert ist. Jedenfalls ist um das Jahr 1240 der Wohnsitz oberhalb von Hainsfarth verlassen worden. Die Gebäude sind im Laufe der Zeit verfallen und für die aufgegebene Burg und den ganzen umgebenden Höhenzug bürgerte sich die Bezeichnung „Burgstall” und später Burschel ein.
Neuzeit
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Reformation in Hainsfarth
1517 begann mit dem Thesenanschlag in Wittenbergdurch Martin Luther (1483-1546) die Reformation. Auf dem Reichstag zu Worms im Jahr 1521 weigerte sich Luther, seine Lehre zu widerrufen. Nachdem er bereits von Papst Leo X. exkommuniziert worden war, wurde über ihn von Kaiser Karl V. die Reichsacht verhängt. Von Kurfürst Friedrich dem Weisen auf die Wartburg gebracht übersetzte Luther das Neue Testament ins Deutsche (später gefolgt vom Alten Testament). Auf dem Augsburger Reichstag im Jahr 1530 legten mehrere evangelische Reichsstände ihre Bekenntnisschrift („Augsburger Bekenntnis”) vor. Auch in unserer Gegend brachten diese großen Ereignisse umwälzende Neuerungen in Gang. Graf Ludwig XV. von Oettingen-Oettingen hatte bereits 1524 erste Reformen in der Kirche eingeführt. 1539 berief er im Schloss Alerheim eine Versammlung der Oettinger Geistlichen ein.
Dort wurde endgültig die Reformation beschlossen und die Organisation des Kirchenwesens in der Grafschaft beraten. Ein anderer wichtiger Landesherr von Hainsfarth, der Markgraf Georg der Fromme von Brandenburg-Ansbach, führte zur gleichen Zeit in seinem Territorium Kirchenreformen ein. Unter dem Einfluss der Reformation löste sich das Kloster Heidenheim im Jahr 1533 auf. Das ebenfalls in Hainsfarth begüterte Kloster Auhausen folgte im Jahr 1534 trotz desheftigen Widerstandes des letzten Abtes Georg Truchseß von Wetzhausen. Somit waren zwei wichtige Landesherren, die über etwa die Hälfte der Hainsfarther Untertanen zugebieten hatten, evangelisch geworden. Nach dem Schmalkaldischen Krieg wurde 1555 der Augsburger Religionsfriede geschlossen, der die evangelische Kirche als eigene Konfession anerkannte und die Untertanen zur Annahme der Religion des jeweiligen Landesherren zwang („cuius regio, eius religio”).
In Hainsfarth hatten die Untertanen der Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach und der Grafschaft Oettingen-Oettingen, sowie die gemeinschaftlich oettingischen (ehemals gundelsheimischen) die neue Religion angenommen. Der Deutsche Orden in Oettingen als weiterer wichtiger Landesherr hatte in dieser Zeit einen langanhaltenden Rechtsstreit mit den Grafen von Oettingen um die landesherrliche Eigenständigkeit. So kam es, dass auch die deutschordischen Hintersassen in Hainsfarth evangelisch geworden waren. Mit den eichstättischen und oettingen-spielbergischen Untertanen in Hainsfarth war nur etwa ein Drittel der Einwohner bei der katholischen Lehregeblieben.
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Bauernkrieg (1525)
Im Frühjahr des Jahres 1525 wurde das Ries durch die Aufstände der Bauern erschüttert. Den Bauern ging es um eine Verringerung der Abgabenlasten und eine Verbesserung ihrer sozialen Stellung (Abschaffung der Leibeigenschaft, dörfliche Selbstverwaltung, Nutzungsrechte an Wald, Wiesen und Gewässern usw.). In Deiningen versammelten sich etwa 8000 Bauern aus dem Ries und den Nachbarregionen. Nach Verhandlungen mit den Herrschaften und Meldungen über Niederschlagungen von anderen Aufständen entschlossen sich die Rieser Bauern am 7. April 1525 zur friedlichen Auflösung des Haufens.
In der Folgezeit wurden durch andere Bauernhaufen (Ellwanger Haufen, Hesselberghaufen), denen sich wiederum zahlreiche Rieser angeschlossen hatten, die Klöster Maihingen und Auhausen geplündert und die Stadt Oettingen von Bauern eingenommen. Beim Marsch auf das Kloster Heidenheim griffen am 7. Mai 1525 markgräflich-ansbachische Reiter die Bauern bei Ostheim an. Trotz zahlenmäßig großer Unterlegenheit erfochten die Soldaten einen deutlichen Sieg gegen die im Kampf unerfahrenen Bauern. Damit war der Bauernkrieg im Ries zu Ende. Viele Bauern waren in der Schlacht bei Ostheim umgekommen.
Die Überlebenden kehrten in ihre Dörfer zurück und mussten an den Landesherren hohe Strafen zahlen. Während das Landesfürstentum gestärkt aus den Kämpfen hervorging, waren die Bauern für Jahrhunderte kein politischer Faktor mehr.
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Schmalkaldischer Krieg (1546-1547)
Nach der Drohung des Kaisers Karl V. im Jahr 1530, gegen die Protestanten notfalls mit Waffengewalt vorzugehen, wurde 1531 von einer Anzahl protestantischer Fürsten und Reichsstädte der Schmalkaldische Bund gegründet. 1546 kam es dann zu einem Krieg zwischen dem katholischen Kaiser und den verbündeten Evangelischen. Vom August bis Oktober 1546 zogen die beiden Heere mehrfach durch das Ries und lagerten auch hier. Anfang Oktober wurde eine große Schlacht zwischen den beiden Armeen im Zentralries nur durch dichten Nebel verhindert.
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Dreißigjähriger Krieg (1618-1648)
Von 1618 bis 1648 tobte in Mitteleuropa der 30-jährige Krieg, der das ganze Land ins Elend stürzte. Die Vorboten dieses verhängnisvollen Kapitels deutscher Geschichte zeigten sich in unmittelbarer Nachbarschaft von Hainsfarth. Nach den Zwischenfällen in Donauwörth an den Markustagen 1606 und 1607, an denen die protestantische Mehrheit der Bürgerschaft die katholische Minderheit bei Prozessionen bedrängte und am Weitergehen hinderte, wurde die ehemalige Reichstadt Donauwörth im Auftrag des Kaisers von den Bayern besetzt und wieder dem katholischen Bekenntnis zugeführt. Daraufhin gründeten am 14.5.1608 die evangelischen Stände im nahegelegenen ehemaligen Kloster Auhausen ein Schutzbündnis, das ein Jahr später zur Gründung der katholischen Liga in München führte. 1618 wurde dann durch den Prager Fenstersturz der Krieg ausgelöst, dessen anfängliche Kriegsschauplätze vor allem in Böhmen und Norddeutschland (böhmischer Winterkönig, dänischer Krieg) lagen. So blieben das Ries und Hainsfarth in den Anfangsjahren — abgesehen von einzelnen Truppendurchzügen und Einquartierungen — von den Kriegsereignissen weitgehend verschont. Beispielsweise nahm am 17.7.1625 zur Mittagszeit ein Trupp von 53 berittenen Soldaten im Hainsfarther Wirtshaus für eine Nacht Quartier. Die Soldaten hatten Unkosten von 66 fl. verursacht, die von den Hainsfarthern zu bestreiten waren.
Die militärische Überlegenheit der verbündeten Katholischen ermöglichte 1629 auch die Durchführung der Gegenreformation in verschiedenen Rieser Orten. Die teilweise deutschordischen, jedoch evangelischen Dörfer Pfäfflingen und Möttingen wurden gegen den Widerstand der Bevölkerung katholisch (allerdings nur für kurze Zeit). Das evangelische, aber deutschordische Amerbacherkreut wurde nachhaltig für das katholische Bekenntnis gewonnen. In Hainsfarth, dessen Bewohner vor 1629 zu etwa 70 % lutherisch waren, setzten die katholischen Landesherren (Deutschorden und Grafschaft Oettingen-Wallerstein) bei der Untertanenschaft die katholische Lehre durch. Ab dem Jahr 1629 kam es so in der Pfarrei Hainsfarth zu zahlreichen Konversionen.
Zudem brach 1629 im Ries im größeren Umfang die Pest aus. Die Gegend um Hainsfarth wurde mehr und mehr in den Strudel der Gewalt und der Kriegshandlungen gezogen. Lag doch das Dorf in einer Gegend zwischen katholischen (Bayern, Oettingen-Wallerstein) und evangelischen (Ansbach, Württemberg, Oettingen-Oettingen) Ländern und dazu noch an der wichtigen Straße von Nürnberg über Nördlingen nach Ulm.
Nach der Niederlage des kaiserlichen Heerführers Tilly bei Breitenfeld am 17.9.1631 kam es zu einer Umkehr der militärischen Vorherrschaft. Nun stand den Schweden unter Gustav Adolph der Weg nach Süddeutschland offen. So wurde im Oktober 1631 Würzburg schwedisch. Unsere Region in der im November 1631 kaiserliche und lothringische Soldaten zahlreiche Dörfer plünderten wurde zu Beginn des Jahres 1632 schwedisch. Am 15.4.1632 besiegten die
Schweden erneut das kaiserliche Heer bei Rain am Lech (Tod Tillys). Im Mai 1632 wurde bei der Belagerung Weißenburgs durch die Kaiserlichen insbesondere die Hahnenkammregion geplündert und verwüstet. Auch Hainsfarth suchten die plündernden Soldaten in dieser Zeit heim. 1632 wurde nach der Heiligenrechnung die „von den Soldaten eingehauene Tortüre und anderes in der Kirche gebessert" Von einer weiteren Plünderung Hainsfarths berichtet ein Eintrag im Beerdigungsregister der evang. Pfarrei St. Jakob in Oettingen vom 21. Januar 1633:
Des Scherers Sohn von Heinsfurth, welcher nach dem die kayßerlichen zue Heinsfurth spoliert (= geplündert) und er Inn hiesiger quarnison gelegen, zue weith hinaus begeben, Ist er nit allein von Ihnen geschossen, sondern auch Ihm der Kopf mit einem Sebel gespalten und also jämmerlich umb sein Leben gebracht worden.
Das Land wurde ständig von marodierenden Soldaten geplündert. Die Städte waren als Zufluchtsorte nicht immer sicher. So wurde das benachbarte Wemding am 4.5.1633 durch schwedische Soldaten geplündert.
Dieses Schicksal ereilte auch Oettingen. Die Stadt wurde am 5./15. Juni 1634 vom kaiserlichen Generalmajor Jean de Werth und seinen Soldaten in den Vormittagsstunden angegriffen. Nach erbitterten Kämpfen musste sie nachmittags kapitulieren. Deutsche und kroatische Soldaten fielen in die Bürgerhäuser ein, plünderten, vergewaltigten, folterten und mordeten die Bewohner und das in die Stadt geflüchtete Landvolk. Später drangen die Soldaten auch noch in das gräfliche Oettinger Schloss ein, wohin sich viele geflüchtet hatten.
Eine Steigerung des Grauens hielt damals wohl niemand für möglich. Bis im August 1634 die Reichsstadt Nördlingen (in der sich eine schwedische Garnison befand) von dem kaiserlichen Heer mit 33.000 Mann belagert wurde. Zu dieser Zeit befanden sich neben den Nördlinger Bürgern auch unzählige Flüchtlinge aus dem Umland in der Stadt. Nach dem Eintreffen der schwedischen Armee mit 25.000 Mann kam es am 6. September 1634 zu einer großen Schlacht auf dem Albuch südlich von Nördlingen, bei der die Schweden vernichtend geschlagen wurden. Daraufhin musste die Stadt Nördlingen kapitulieren. Die Schlacht bei Nördlingen bedeutete einen traurigen Höhe- und Wendepunkt im Kriegsgeschehen. Die Schweden zogen sich aus Süddeutschland zurück. Im Ries wurde es wesentlich ruhiger, war doch das Land ausgeblutet und verwüstet.
Viele Menschen, die diese Zeit überlebt hatten, flüchteten und verließen das Land. So zog 1638 Caspar Joas aus Hainsfarth nach Österreich und 1640 wieder nach Löpsingen. 1638 taucht ein Johannes Wagen aus Hainsfarth in Frankfurt am Main auf.
Spätestens der Kriegseintritt des katholischen Frankreich im Jahr 1635 auf Seiten der Protestanten beendete den Charakter des Krieges als Religionsstreit, denn die Franzosen wollten in Süddeutschland territoriale Interessen durchzusetzen und ihr Machtgebiet ausdehnen. Am 3.8.1645 stellte sich die Bayerisch-Kaiserliche Armee bei Alerheim den Franzosen in den Weg. Es kam zur Schlacht, die keinen eindeutigen Sieger, jedoch 8000 Tote hervorbrachte. In der Folgezeit rückte das Ries wieder stärker in den Mittelpunkt der Kriegsgeschehnisse. Die Landbevölkerung kannte inzwischen ihre Strategien, sich bei nahender Gefahr zu schützen. Viele Bauern hatten in den umliegenden Städten Oettingen, Wemding und Nördlingen Unterstellmöglichkeiten für Vieh und Getreide und zogen sich bei drohender Gefahr dorthin zurück.
Anfang September 1646 befand sich das schwedische Lager bei Löpsingen. Im Dezember 1647 wurde Nördlingen mit seiner schwedischen Besatzung von den Bayern blockiert und heftig mit Artillerie beschossen. Im März 1648 lag dann erneut das schwedische Hauptquartier in unserer Gegend bei Fünfstetten. Nach dem Sieg des französisch-schwedischen Heeres am 17. Mai 1648 bei Zusmarshausen zog die Armee nach Bayern, das bis zum Oktober geplündert und verwüstet wurde. Am 24.10.1648 endete mit dem Westfälischen Frieden der Krieg, der so viel Leid und Elend über das Land gebracht hatte. Beim Rückzug der Schweden Ende 1648 kam es noch einmal zu Plünderungen und zum Niederbrennen von Häusern. In einer Güterbeschreibung bei Hs.-Nr. 143/144 heißt es: „Dieser Hof wurde bei der Schweden letzter Marche 1648 verbrannt.”
In den Kriegsjahren wurden zahlreiche Häuser abgebrannt, verlassen und öde. So dürften im Winter 1634 in Hainsfarth nur noch einzelne Häuser bewohnt gewesen sein. Einen Eindruck von der verheerenden Lage der Bewohner in den Kriegsjahren vermittelt der Vergleich der Steuerbücher des Amtes Oettingen-Oettingen von 1623 und 1640. Waren im Jahr 1623 noch 37 oettingische bzw. ehemals gundelsheimische Häuser mit einem Steuerwert von 14.100 fl. im Steuerbuch beschrieben worden, so waren es 1640 nur noch acht Anwesen (= 22 %) mit einem Steuerwert von 1469 f]. (= 10 %). Der Viehbestand dieser acht Untertanen belief sich zusammen auf drei Kühe, vier Schweine, zwei Geißen und zwei Gänse. Bei den Untertanen anderer Herrschaften sah es nicht anders aus. Die Menschen, die in dieser Zeit zurückkehrten, um wieder hier zu wohnen wurden immer wieder durch neue Kriegshandlungen und Plünderungen zurückgeworfen. Im Jahr 1648 wurde das Haus Nr. 162-164 folgendermaßen beschrieben: „Balthas Jacobs Sölde ist zum andern (= zweiten) mal gebaut und wieder ruiniert worden.”
Vor dem 30-jährigen Krieg bestand Hainsfarth aus 120 Häusern. Am Ende des Krieges war sicher mehr als die Hälfte dieser Häuser öde und verlassen. Besonders schlimm betroffen waren die Steggasse (heute Jurastraße) und die Ostergasse (heute Mühlstraße). In diesen Straßen waren in den Kriegsjahren jeweils nur noch ein oder zwei Häuser bewohnt.
Auch der Hefehof wurde 1631 verlassen und in Wornfeld dürfte in der schlimmsten Kriegszeit um 1634 zeitweise kein Mensch mehr gewohnt haben.
Ein exakter Überblick über die zerstörten Anwesen in Hainsfarth ist nicht möglich, weil oftmals im Laufe des langjährigen Krieges einzelne Häuser wieder aufgebaut und andere öde oder erneut verlassen wurden. Auch verhindert die herrschaftliche Zersplitterung in Hainsfarth mit den daraus folgenden unterschiedlichen und teilweise lückenhaften Quellenangaben das Entstehen eines klaren Bildes der Vorgänge in dieser Zeit.
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Das 18. Jahrhundert – Der Spanische Erbfolgekrieg
Gerade einmal fünf Jahrzehnte war das große Sterben im 30-jährigen Krieg her, als wieder einmal die Weltpolitik mit ihren dunklen Schatten auch das Ries berührte. Es waren noch nicht einmal alle öde gewordenen Hofstellen in Hainsfarth wieder bebaut und die Bevölkerungslücken ganz aufgefüllt, da wurde durch den Tod des kinderlosen Karls II. im Jahr 1700 der Streit um die spanische Erbfolge ausgelöst. Im Testament war Philipp von Anjou aus dem französischen Haus der Bourbonen als Erbe vorgesehen. Die österreichischen Habsburger befürchteten eine europäische Vormachtstellung Frankreichs und stritten das Erbe an. 1701 koalierte der deutsch-österreichische Kaiser Leopold I. mit England, den Niederlanden und später Portugal gegen Frankreich, welches mit Bayern verbündet war. Bayern versuchte seine Großmachtambitionen unter anderem auch durch die Besetzung von freien Reichsstädten (Augsburg und Ulm) durchzusetzen, wodurch sich auch Nördlingen gefährdet sah. Am 2. Juli 1704 kam es am Schellenberg bei Donauwörth zu einer blutigen Schlacht zwischen den englischen Verbündeten und den französisch-bayerischen Truppen.
Am 13. August 1704 war dann der Tag der Entscheidung: In Blindheim bei Höchstädt wurden von 100.000 Soldaten mindestens 25.000 auf beiden Seiten verwundet oder getötet. Die Engländer unter dem Herzog von Marlborough siegten. In dieser Zeit kam es auch zu Einquartierungen von Soldaten in den Rieser Städten und Dörfern. Die späteren Kampfplätze bis zum Ende dieses Krieges im Jahr 1714 spielten sich in anderen Regionen ab.
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Der Landestausch 1792/1796
Im Jahr 1792 fielen die markgräflich-ansbachischen Untertanen in Hainsfarth (etwa ein Viertel der Einwohner) durch Erbfolge und Tausch an das Königreich Preußen. Damit waren ein Viertel der Hainsfarther Einwohner wie auch große Teile des benachbarten Mittelfrankens preußisch geworden.
Im Jahr 1796 ging dann der preußische Anteil von Hainsfarth im Hauptlandesvergleich an das Fürstentum Oettingen-Spielberg. Preußen erhielt die ehemals oettingische Enklave Gnotzheim-Spielberg und einige oettingische Besitzungen in der Gegend um Gunzenhausen, während der ehemalige Stammbesitz des markgräflichen Klosteramtes Auhausen mit Lehmingen und den Hainsfarther Untertanen an Oettingen gelangte.
Neueste Zeit
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Die Napoleonische Zeit
Seit dem Jahr 1799 war durch die Alleinherrschaft Napoleons die französische Revolution von 1789-99 beendet. Von 1803 an führte Napoleon (ab 1804 als französischer Kaiser) mit den anderen europäischen Mächten die sogenannten Koalitionskriege. 1805 war er auch siegreich nach Deutschland vorgestoßen und zerstörte das alte „Heilige Römische Reich Deutscher Nation". Nun wurden die zahlreichen zum Großteil schon völlig souveränen geistlichen und weltlichen Territorien auf deutschem Boden zu neuen Ländern zusammengefasst. Hainsfarth hatte zu unterschiedlichen Herrschaften (Oettingen, Ansbach, Deutschorden, Eichstätt) gehört und gelangte 1806 zum neu gegründeten Königreich Bayern. Die alten verbliebenen Klöster wurden säkularisiert und die weltlichen Herren entmachtet. Das Königreich Bayern führte zahlreiche Neuerungen ein. So wurde das ganze Land erstmals nach modernen Kriterien vermessen. Jedes Grundstück erhielt eine Flurnummer (diese sind teilweise bis heute gültig). Die Hausnummern wurden ebenfalls in dieser Zeit (1808) eingeführt und die Flächenmaße geändert. Anstatt des alten Morgens (für Äcker etwa 0,5 Hektar) und Tagwerks (für Wiesen etwa 0,5 Hektar) wurde das einheitliche baierische Tagwerk (= 0,33 Hektar) eingeführt. Die ältesten Flurpläne stammen aus der Zeit um 1820. 1809 wurde im Häuser- und Rustikal-Steuer-Kataster jedes Grundstück und Anwesen beschrieben. In dieser Zeit fand auch die Gemeindebildung statt. Zur Gemeinde Hainsfarth kamen der Weiler Wornfeld, die Aumühle, die Fürfällmühle und der Hefehof.
Der Krieg ging jedoch trotz all dieser Neuerungen weiter. Am gescheiterten Russlandfeldzug von 1812/13 hatten auch zahlreiche junge Männer aus unserer Gegend als Soldaten teilgenommen. Im Oktober 1813 endete schließlich nach der Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig die Herrschaft Napoleons.
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Das Hungerjahr 1816/1817
Unsere Gegend war durch die Truppendurchmärsche und Einquartierungen wieder einmal verarmt und ausgelaugt. Die Kassen waren leer. Da kam es im Jahr 1816 zu einer Katastrophe. Bei einer gewaltigen Vulkanexplosion im April 1815 im fernen Indonesien war ein Ascheregen und Dunstschleier entstanden, der zu einer Abkühlung der Erdatmosphäre führte. Der Sommer des Jahres 1816 fiel praktisch aus. Er brachte stattdessen andauernde Niederschläge und häufige Überschwemmungen. Die Wörnitz trat 30 Mal über die Ufer.
Die Folge waren steigende Brotpreise und eine gewaltige Hungersnot im Frühjahr 1817. Die Nördlinger Schrannenpreise vom 14.6.1817: 1 Schaf Roggen kostete 75—76 fl., Kern 88-90 fl., Gerste 68-69 n., Haber 24-25 fl.
Die ersten beladenen Erntewägen im Juli und August 1817 wurden in den Städten und Dörfern feierlich geschmückt und begrüßt.2
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Revolution 1848 – Eisenbahnbau 1849
Schon 1525 hatten die Bauern in Deutschland sich erhoben und die Abschaffung der Leibeigenschaft, der Zehntpflicht, der Frondienste und anderer Beschwerungen gefordert. Damals waren die Aufstände niedergeschlagen worden und die Lage der Bauern blieb unverändert. Auch die großen Umwälzungen der Napoleonischen Zeit mit der völligen Umgestaltung der politischen Landkarte hatten auf die Lage der Bauern keinen großen Einfluss gehabt.
So fielen die Ideen der deutschen Revolution von 1848 auch im Ries auf fruchtbaren Boden. Im Februar und März 1848 kam es in ganz Deutschland zu Unruhen und Aufständen. Waren in den Städten neben der Stärkung der bürgerlichen Rechte auch die Bildung eines deutschen Staates erklärtes Ziel der Aufständischen, so ging es im Ries vor allem um die Verbesserung der Lage der Bauern.
Am 14. März 1848 waren 4000 Bauern aus dem nördlichen Ries (darunter auch etliche Hainsfarther) mit Fahnen und Waffen nach Oettingen gekommen. Eine Abordnung ging ins Schloss des Fürsten von Oettingen-Spielberg und brachte die Wünsche des Volkes vor. Der wohlwollende Fürst machte alsbald solche Zugeständnisse, dass die Bauern nach deren Bekanntgabe befriedigt wieder abzogen. Im Fürstentum Oettingen-Wallerstein waren die Verhandlungen erst eine Woche später zum Erfolg gekommen. Nun waren endlich das Hauptrecht, die Leibeigenschaft, Schutz- und Herbergsgelder, Hand- und Spanndienste, Frondienste, Zapfgelder, der Zehnte neben anderen Verpflichtungen abgeschafft.
Weniger erfolgreich als die Erleichterung der Bauern war die Gründung eines gemeinsamen deutschen Staates. Dies sollte noch bis zum Jahr 1871 dauern.
Die Hainsfarther beschäftigte derweil ein anderes Thema. Die Eisenbahn sollte zwischen Nördlingen und Gunzenhausen gebaut werden. Während sich vor allem die Handel treibenden Hainsfarther Juden einen großen Vorteil vom Bahnbau versprachen, hatten viele Hainsfarther auch Bedenken. Der Landverbrauch, die Unfall- und Brandgefahr durch die Dampfloks wurden angeführt.
Die Bahnlinie wurde doch gebaut und am 20. August 1849 eingeweiht. In der Gemarkung Hainsfarth, durch welche die Strecke verlief, wurden zwei Bahnwärterhäuser gebaut. Der nächstgelegene Bahnhof war in Oettingen. Bis in die 1980-er Jahren diente die Eisenbahn für Hainsfarth als wichtiges Verkehrsmittel.
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Wasserversorgung und Elektrifizierung
Im Jahr 1897 wurden Pläne und Kostenvoranschläge für eine eigene Wasserversorgung erstellt. Bereits im Jahr 1903 beschloss die Gemeinde Hainsfarth, die Wasserversorgung einzurichten. Die jüdischen Einwohner scheinen hier recht zukunftsorientiert gewesen zu sein. Sind doch auf der Abstimmungsliste alle jüdischen stimmberechtigten Familien für den Bau der Wasserversorgung gewesen. Die sehr vermögenden jüdischen Güterhändler Hirsch Gutmann, Samson Gunzenhäuser, Isidor Steiner und andere gaben zusammen mit dem Aumüller Georg Leberle und dem Wirt Friedrich Wiedemann den Ausschlag, dass schon damals Hainsfarth eine sehr fortschrittliche Wasserversorgung bekam. So wurde 1904 eine Quellfassung im „Schäufelried” und ein Sammelschacht am östlichen Dorfrand erbaut. Somit waren alle Hainsfarther Häuser an die Wasserversorgung angeschlossen.
Durch die Versorgung mit Elektrizität (1909-1911) und die ersten Telefonanschlüsse waren weitere Schritte zur Technisierung von Hainsfarth getan.
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Fotos um 1900
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Erster Weltkrieg und Inflation
Den Auslöser des Ersten Weltkrieges bildete das Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914. Durch die abgeschlossenen Bündnisse kam es nach der Kriegserklärung Österreichs an Serbien (28. Juli 1914) und dem Eingreifen Russlands zur Kriegserklärung Deutschlands an Russland (1. August) und an Frankreich (3. August) und am 4. August zur Kriegserklärung Englands an Deutschland.
Auch aus Hainsfarth wurden zahlreiche junge Männer eingezogen und an die Fronten geschickt. Nach der anfänglichen Kriegseuphorie folgten noch im Herbst 1914 die ersten Meldungen über gefallene Hainsfarther Soldaten. Die Ernüchterung stieg in den folgenden Jahren mit jeder neuen Nachricht über den „Ehrentod" eines jungen Hainsfarthers. Die Blockade Deutschlands und das Eingreifen der USA führten 1917 zu einer ausweglosen Situation. Nun traf die Härte des Krieges auch zunehmend die Zivilbevölkerung. In den Städten herrschten Hunger und Krankheiten und auf dem Land mussten Lebensmittel und Pferde abgeliefert werden. Den Mangel an Arbeitskräften, der durch die weit über 100 eingezogenen Männer ausgelöst wurde, konnten die französischen, belgischen und russischen Kriegsgefangenen nur teilweise ausgleichen. Der Krieg endete am 11. November 1918 mit der Kapitulation Deutschlands und einem Waffenstillstand.
Für Hainsfarth ergab sich folgende Bilanz:
Der Erste Weltkrieg kostete 39 jungen Männern das Leben. 32 Kriegsteilnehmer waren gefallen. Sieben Männer wurden als vermisst gemeldet. Unter den Gefallenen befanden sich auch drei jüdische Mitbürger. Die allermeisten Soldaten kamen auf den Kriegsschauplätzen im Westen um. Die Daten wurden nach dem Sterberegister im Standesamt erhoben und mit den Angaben auf dem Kriegerdenkmal verglichen.
- Die Gefallenen und Vermissten im Ersten Weltkrieg 1914-1918
Das Hainsfarther Kriegerdenkmal zwischen den beiden Weltkriegen.
Nach dem Ersten Weltkrieg fand am 26. April 1920 ein Begrüßungsabend der Gemeinde Hainsfarth zu Ehren der heim gekehrten Kriegsgefangenen im Gasthaus Wiedemann mit Ansprachen und musikalischer Begleitung durch den Gesangverein statt.Bereits vor dem Ersten Weltkrieg waren Max und Franz Josef Dollrieß aus Hainsfarth Hs.-Nr. 37 ausgewandert. Franz Josef war Oberlehrer der deutschen Sprache und heiratete 1913 in Riga; sein Bruder Max brachte es zum Professor und Staatsrat in St. Petersburg. Im Krieg wurde er am 20. Oktober 1914 in Odessa als Zivilgefangener interniert. Später kam er ins Internierungslager Tschorny-Jar (Gouvernement Astrachau am kaspischen Meer). In der Nacht zum 29. April 1918 ergriff er die Flucht und kam am 5. Mai nach einem Fußmarsch von 1800 km auf deutsches Gebiet und kehrte nach Hainsfarth zurück, wo er über seine Erlebnisse in Gefangenschaft berichtete.
Zum Ende des Krieges war das politische Gleichgewicht in Deutschland ins Wanken geraten. Bereits Anfang November 1918 hatten Versailler Vertrag zu unterschreiben. Im Jahr 1923 erfolgte dann wegen Nichterfüllung der Reparationsverplichtungen die Besetzung des Ruhrgebietes durch französische Truppen. Im gleichen Jahr kam es zu einer galoppierenden Inflation. Zum Ende der Inflation wurde in Millionen und Milliarden bezahlt. Zeitzeugen berichten, dass Rucksäcke und Handwägen nötig waren, um das wertlose Papiergeld für einfache Einkäufe zu transportieren. Das Ende der Inflation bildete die Währungsreform am 15. November 1923.
Durch die Versorgung mit Elektrizität (1909-1911) und die ersten Telefonanschlüsse waren die ersten Schritte zur Technisierung von Hainsfarth getan. Im Jahr 1926 hatten neben der Aumühle und Fürfállmühle in Hainsfarth nur die Käserei Vogt (Hs.-Nr. 60) und der jüdische Pferdehändler Hugo Schäfer (Hs.-Nr. 179) einen eigenen Telefonanschluss. Eine weite Verbreitung von Telefonanschlüssen erfolgte erst in den 60er und 70-er Jahren. Seit den 1990er Jahren sind nun auch Mobiltelefone und Computer mit Internetanschluss aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken.
In den 1920er und 1930er Jahren wurden in Hainsfarth die ersten Kraftfahrzeuge und Radioapparate angeschafft. Die Autos und Radiogeräte der jüdischen Familien wurden im Jahr 1939 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt.
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Fotos 1930-1938
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Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg mit dem demütigenden Versailler Vertrag, der darniederliegenden Wirtschaft und der hohen Arbeitslosigkeit fielen die Versprechungen von Adolf Hitler (Arbeit für alle, Einigkeit und neue Größe) auch in Hainsfarth auf fruchtbaren Boden.
Im nahen Mittelfranken hatte sich Julius Streicher bereits Ende der 1920-er Jahre eine große Anhängerschaft geschaffen. Auf dem Hesselberg (dem „Heiligen Berg der Franken") fand jährlich der Frankentag statt, an dem sogar Hitler selbst teilnahm (z. B. am 13. Juli 1930).
In Hainsfarth erzielte die NSDAP bei den Reichstagswahlen relativ schlechte Ergebnisse im Gegensatz zum restlichen Landkreis Nördlingen. So entfielen bei der Wahl am 6. November 1932 von 468 abgegebenen Stimmen nur 177 auf die NSDAP (= 38 %; im Landkreis 48 %) und bei der Wahl am 5. März 1933 von 536 Stimmen 240 auf die NSDAP (= 44 %; im Landkreis 60 %).
Ab 1933 wurden durch die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten die Kritiker des Regimes zum Schweigen und Stillhalten gezwungen, wollten sie nicht Gefahr laufen, in Internierungslagern zu enden. Die Aufrüstung Deutschlands hatte seine Auswirkungen bis in unsere Gegend. Bei Heuberg und auch bei Deiningen wurden beispielsweise Militärflugplätze errichtet. In Heuberg waren auch einige Hainsfarther am Bau des Flugplatzes beschäftigt.
In den Rieser Dörfern wurden zu Ehren des Führers Adolf Hitler zahlreiche Straßen und Plätze nach ihm benannt. Die Hainsfarther Jurastraße (ehemals Judengasse) bekam unter den Nationalsozialisten die Bezeichnung „Adolf-Hitler-Straße”.
In Hainsfarth war der Terror der Nationalsozialisten am Schicksal der Judengemeinde sehr deutlich erkennbar. Auch hier standen diesem viele Hainsfarther sehr skeptisch gegenüber, mussten es jedoch mit ansehen. Nur wenige waren couragiert genug, den verbliebenen Juden in den letzten Jahren noch beizustehen. Eine davon war Eugenie Scheller, die den Juden in ihrer Not heimlich unter großer Gefahr Lebensmittel und Waren brachte.
Zwangsarbeiter in Hainsfarth
Mit dem Ausbruch des Krieges im September 1939 wurden zahlreiche Hainsfarther Männer zum Militär eingezogen. Das landwirtschaftlich geprägte Dorf hatte daher einen starken Mangel an Arbeitskräften. Dieser wurde nach den ersten erfolgreichen Kriegsjahren durch gefangene Soldaten und ZiviliSten, die als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft eingesetzt wurden, gemildert.
Im Staatsarchiv Augsburg zeugt ein dicker Akt mit Namen und Daten von zahlreichen Zwangsarbeitern. So sind für Hainsfarth die Namen von etwa 50 polnischen Zwangsarbeitern überliefert, die ab 1939 ins Dorf kamen. Ab 1940 waren es dann vor allem Franzosen, aber auch Belgier. Am 27.7.1940 erreichten 26 französische Kriegsgefangene Hainsfarth und wurden auf die Höfe im Dorf und in Wornfeld verteilt. Es wurden zuerst die größeren Bauernhöfe berücksichtigt, auf denen männliche Arbeitskräfte fehlten. Zum Teil spielte auch die Regimefreundlichkeit der Familie eine gewisse Rolle bei der Verteilung der Arbeiter. Neben den bisher genannten sind noch etwa 60 weitere französische Kriegsgefangene für Hainsfarth bezeugt.
Ab 1942 stammten zahlreiche Zivilgefangene aus der Sowjetunion. Es sind hier über 70 Namen von Männern und Frauen überliefert, die in Hainsfarth Zwangsarbeit leisteten.
Die Zwangsarbeiter waren tagsüber auf den Höfen beschäftigt und wurden abends im Armenhaus in der Jurastraße 37 eingesperrt. Zur Bewachung der Kriegsgefangenen wurde Josef Härtle (Hs.-Nr. 172) abkommandiert, der als Soldat verwundet worden und deswegen in die Heimat zurückgekehrt war. Nach einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem Gefangenen kam er jedoch wieder an die Front.
Bei den älteren Hainsfarthern ist auch noch die Erinnerung an mehrere Dutzend „Ostgefangene” lebendig, die im Stadel von Familie Mairoser (Hs.-Nr. 145) untergebracht waren. Diese hatten zu wenig zu essen. Deswegen versuchten sie von den Dorfbewohnern Lebensmittel zu erbetteln. Für die Dorfkinder schnitzten die geschickten Kriegsgefangenen kleine Holzspielzeuge und tauschten sie gegen Esswaren ein. So kam manches Hainsfarther Kind zu einem schönen, teilweise beweglichen und bunt bemalten Spielzeug aus Holz. Und als die Kriegsgefangenen nach mehreren Wochen wieder verlegt wurden, war der Holzstapel beim Anwesen Mairoser um einiges kleiner geworden.
Weitere Nationalitäten von Zwangsarbeitern waren Ukrainer (etwa zehn Personen), Ungarn (zwei Männer bei Niedermeier in Wornfeld) und Jugoslawen. Zu den acht Personen aus Jugoslawien gehörte mit fünf Personen auf der Aumühle die Familie Figl. Sie blieb auch nach Kriegsende noch dort (Jugoslawien war eine befreundete Nation). Frau Therese Figl ist am 3.6.1945 ertrunken. Zum Ende des Krieges hatte sich das verbündete Italien den Alliierten zugewandt und wurde so zum Kriegsgegner. In den letzten Kriegsmonaten kamen so noch einige Italiener nach Hainsfarth. Es waren dies zwei bei Niedermeyer in Wornfeld (Hs.-Nr. 1), einer beim Ruckbauer (Hs.-Nr. 7), einer bei Buckel (Hs.-Nr. 165) und einer bei Hertle (Hs.-Nr. 188). Nach der Befreiung durch die Amerikaner kehrten die Kriegsgefangenen in ihre Heimat zurück. In der Sowjetunion wurden viele ehemalige Zwangsarbeiter wegen angeblicher Zusammenarbeit mit den Deutschen weiter drangsaliert.
Kriegserinnerungen von Max Engelhardt
Der Altbürgermeister Max Engelhardt erinnert sich:
Ich wurde als dritter Sohn der Eheleute Wilhelm und Frieda Engelhardt in Hainsfarth (Hauptstraße 59) am 18.4.1924 geboren. Ich ging sieben Jahre in die evangelische Volksschule in Hainsfarth. Nach meiner Schulentlassung half ich meinen Eltern in der Landwirtschaft. Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges im September 1939 musste mein Vater zum Wehrdienst einrücken.
Im Jahr 1941 wurden dann auch meine beiden älteren Brüder zum Wehrdienst eingezogen, woraufhin mein Vater vom Kriegsdienst entlassen wurde. 1942 musste ich als Achtzehnjähriger auch zum Wehrdienst und kam nach kurzer Ausbildung zur 17. Infanteriedivision nach Arzano in der Bretagne in Frankreich. Diese Division hatte nur noch 40 % der Mannschaftsstärke und wurde nun mit den Jahrgängen 1923 und 1924 wieder aufgefüllt. Schon nach fünf Monaten Ausbildung in Frankreich wurden wir an den südlichen Frontabschnitt in Russland - die Miusfront am Asowschen Meer - verlegt. Im Juli 1943 begannen die Rückzugskämpfe und bis zum Juni 1944 waren wir bis nach Bessarabien in Rumänien zurückgedrängt worden. Dann wurden wir nach Polen zum großen Weichselbogen östlich von Radom und südlich von Warschau verlegt. Am 13. Januar 1945 war dann der große Sturmangriff der Russen. Wir wurden mit 95-facher Übermacht angegriffen und eingekesselt. Wir unternahmen noch einen verzweifelten Ausbruchsversuch aus dem Kessel mit 200 Mann. Dabei gab es wiederum zahlreiche Verwundete. Nach einem dreiwöchigen Nachtmarsch wurde unser trostloses Häuflein immer kleiner. Den Fluss Warthe, in dem Eisschollen trieben, haben wir mit zusammengebundenen Leitern überquert. Die Überquerung der Piliza kostete uns an die 55 Kameraden. Im Morgengrauen suchten wir uns zu siebt ein Einzelgehöft aus, in dem wir Unterschlupf und auch etwas zum Essen fanden. Am 3. Februar 1945 stießen wir auf den deutschen Brückenkopf bei Glogau. Dort kamen wir zum Teil mit russischen Uniformen und Waffen an. Bei Kriegsende kam ich in russische Gefangenschaft. Weil ich von den Russen zweimal nachts geflüchtet war, kam ich noch in amerikanische Gefangenschaft. Am 25. Mai 1945 kam ich nach Hause zu meinen Eltern.
Der Kriegslebenslauf des Friedrich König
skizziert von Werner König, Gunzenhausen:
Geboren wurde mein Vater 1903 als drittes von vier Kindern und einziger Sohn der Eheleute Friedrich König und Maria geb. Holzhey. Beide stammen aus Schwörsheim und hatten 1898 das Anwesen Ruckgasse 192, später Römerstr. 7, erworben. In den 20-iger und beginnenden 30-iger Jahren war er ein sehr aktiver Sportler, der Fußballspielen, Leichtathletik und Schwimmen auch auf regionaler Ebene betrieb. Da ein anderes Hobby Fotografieren war, sind aus dieser Zeit noch zahlreiche Bilder des erweiterten Familienkreises erhalten. Er übernahm dann den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern, erweiterte das Wohnhaus und heiratete 1934 Karolina Schülein aus der Jurastraße. Im Jahr 1937 wurde die Tochter Helga geboren.
Das beschauliche Familienleben wurde jäh unterbrochen, als er Weihnachten 1940, bereits im 38. Lebensjahr stehend, den Einberufungsbefehl erhielt und die Frau, das Kind und den verwitweten Vater zurücklassen musste. Nach kurzer Ausbildung bei der Flugabwehr im Rheinland gelangte er nach Nordfrankreich. Über die Hafenstadt Le Havre wurde seine Einheit auf die Insel Jersey verlegt.
Die vor der französischen Küste im Ärmelkanal liegende britische Inselgruppe war von den Engländern militärisch geräumt und von der deutschen Wehrmacht während des Frankreichfeldzugs Mitte 1940 kampflos besetzt worden, für Hitler eine prestigeträchtige, da die einzige Eroberung gegnerischen Bodens. Das Verhältnis zwischen der verbliebenen Bevölkerung und den Besatzungstruppen war entspannt. Abgesehen von einzelnen Kommandounternehmen oder Luftangriffen waren kaum Kampfhandlungen zu verzeichnen. Dass in der Folgezeit Deportationen Einheimischer nach Deutschland stattfanden und Zwangsarbeiter vom Kontinent den festungsmäßigen Ausbau der Inseln ausführen mussten, war den einfachen Wehrmachtssoldaten kaum bekannt. Zuletzt waren die Kanalinseln militärisch weitaus stärker befestigt als jeder vergleichbare Küstenabschnitt des Festlands.
Als die Inseln nach der alliierten Invasion in der Normandie im Juni 1944 abgeschnitten wurden, eskalierte die schon vorher mäßige Versorgungslage. Zivilisten wie Wehrmachtssoldaten hungerten gleichermaßen. Während die Zivilbevölkerung nach einer Vereinbarung zwischen den Kriegsgegnern durch internationale Rot-Kreuz-Schiffe noch notdürftig versorgt wurde, mussten sich die deutschen Soldaten in den letzten Kriegsmonaten von Wildkaninchen, Hunden, Katzen, Rüben und Brennnesseln ernähren. Prekär wurde die Situation für meinen Vater, als er sich vor versammelter Mannschaft zu einer regimekritischen Äußerung hinreißen ließ. Ein verständnisvoller Kommandeur beließ es bei einer Strafversetzung auf die Nachbarinsel Guernsey.
Die Engländer kamen erst bei Kriegsende am 8. Mai 1945. Doch während die überwiegende Mehrzahl der in den letzten Kriegswochen in Gefangenschaft Geratenen nach kurzer Zeit entlassen wurde, beschlossen die Briten, alle deutschen Soldaten, die auf den Kanalinseln quasi vor ihrer Haustür lagen, nach England zu transportieren. Entgegen der Genfer Konvention war auch für den einfachsten Soldaten – wie für einen Kriegsverbrecher – eine mindestens dreijährige Gefangenschaft und damit verbundene Zwangsarbeit vorgesehen.
Trotz allem wurden die Gefangenen hierbei sehr menschlich behandelt. Meinem Vater ging es in dieser Zeit als Vorarbeiter auf dem Gut zweier englischer Jungfern bald ausgesprochen gut. Lebhaft blieb ihm auch der trostreiche Besuch des Kölner Kardinals Frings im Gefangenenlager in Erinnerung. Schließlich wurde er im Juli 1947 wegen seiner angegriffenen Gesundheit vorzeitig entlassen und konnte endlich zu seiner Familie zurückkehren. Einen Dank des Vaterlandes für sieben verlorene Lebensjahre hat er nie erfahren; aber es ging ihm damals wie vielen: Man war froh überlebt zu haben.
Kriegsereignisse in Hainsfarth
Spätestens ab dem Kriegsjahr 1942 wendete sich die militärische Überlegenheit Deutschlands und seiner Verbündeten. Ein Grund dafür war der Kriegseintritt der USA im Jahr 1941. An der Ostfront war Ende 1942 der deutsche Vormarsch stecken geblieben. In Stalingrad wurde die 6. Armee eingekreist. An Weihnachten 1942 starb im Kessel von Stalingrad neben vielen seiner Kameraden auch Hans Meier aus Hainsfarth. Im Februar 1943 ergaben sich dort dann die letzten deutschen Truppen. Damit war in Russland der Wendepunkt erreicht. Von nun an waren die deutschen Soldaten dort nur noch auf dem Rückzug. Es kam außerdem zu einer immer stärkeren Luftüberlegenheit der Alliierten. Immer häufiger gab es neben der Bombardierung der Großstädte auch Tieffliegerangriffe auf dem flachen Land.
Emma Rummel (damals Schülerin, Hs.-Nr. 170 a) berichtet von den ständigen Luftalarmen, die den regulären Unterricht fast zum Erliegen brachten. Die Schüler mussten sich bei einem solchen Alarm unter den Schulbänken verstecken. Eines Tages hatten die Schulkinder wegen Luftalarms schulfrei gehabt und sie war trotz des Alarms mit ihrer Mutter beim Rübenhacken am Kirchberg. Beide suchten wegen eines Tieffliegers, der auf sie geschossen hatte, unter den Rübenkräutern Zuflucht. Ihr Vater Friedrich Rummel, der wegen eines Knieleidens nicht im Krieg war, half damals beim Schäfer Gruber aus und hielt sich mit seiner Schafherde Richtung Megesheim auf einer Weide auf. Auch er wurde einmal von Tieffliegern beschossen und rettete sich unter seine Schafe, von denen einige von Kugeln getroffen wurden. Ebenfalls zum Ende des Krieges wurde auf der Straße Richtung Megesheim ein Kleinbus von Tieffliegern getroffen. Das ausgebrannte Wrack blieb noch wochenlang stehen,
Der Kamin der ehemaligen Dampfmaschine bei der Aumühle war schon in den ersten Kriegsjahren abgebrochen worden. Die Familie Leberle auf der Aumühle befürchtete, dass der mächtige Kamin von feindlichen Bombern und Kampffliegern als Teil einer kriegswichtigen Fabrik betrachtet und bombardiert werden würde.
Ein weiteres Kriegsereignis hat die Hainsfarther stark beeindruckt. Es wurde nämlich Richtung Zirndorf ein deutsches Flugzeug angeschossen. Einige der Männer der Besatzung versuchten sich mit Fallschirmen zu retten. Wegen der geringen Höhe des Flugzeuges schlugen die meisten jedoch wenig gebremst auf die Erde auf. Einer hatte sich mit seinem teilweise geöffneten Fallschirm in den Bäumen verfangen. Das angeschossene Flugzeug nahm unterdessen geradewegs Kurs auf das Dorf, wurde von dem Piloten noch in die Höhe gezogen und stürzte hinter dem Dorf in einen Acker (heute Betriebsgebäude Lumara). Beim Überfliegen des Dorfes war eine Tragfläche abgebrochen und in die Scheune des Schäfers Gruber gestürzt, die daraufhin in Brand geriet. Der Volkssturm (ältere und kranke Männer) musste einige Tage an dem Einsturzkrater Wache halten, bis dieser gesichert war.
Am 23. Februar 1945 fand ein verheerender Luftangriff auf Oettingen statt, den die meisten Hainsfarther als Augenzeugen miterlebten. Nach dem Sirenenalarm („Vollalarm") tauchten um die Mittagszeit zahlreiche alliierte Bomber über Oettingen auf und warfen in mehreren Angriffswellen ihre tödliche Ladung über der Wörnitzstadt ab. Vom Riesrand bei Hainsfarth aus waren die furchtbaren Explosionen genau zu sehen. Viele Bomben waren von den aus Nordosten über Hainsfarth nach Oettingen nahenden Flugzeugen etwas zu früh abgeworfen worden. Die Scheune der Familie Hasenmüller (Hs.-Nr. 116) wurde von einer Brandbombe getroffen und ging in Flammen auf. Einige Bomben gingen direkt unter dem Ortsrand von Hainsfarth nieder und der Bereich zwischen dem Bahnübergang und der Oettinger Wörnitzbrücke war von Sprengkratern übersät.
Die starke Druckwelle zerstörte in Hainsfarth Fensterscheiben und Dachziegel in den südlichen und westlichen Bereichen des Dorfes.
Nach den Angriffen war der Gemeindediener im Dorf unterwegs und forderte die Hainsfarther auf, mit Hacken und Schaufeln nach Oettingen zu kommen, um bei der Suche nach Verschütteten zu helfen. Viele Hainsfarther hatten auch Verwandte im nahen Oettingen. Für die Helfer bot sich ein schreckliches Bild. Im Bereich der Oettinger Schützenstraße und dem umliegenden Gebiet waren die Häuser völlig zerstört. Das alte Spital war von Brandbomben getroffen. Noch Tage später schlugen Flammen und Qualm aus dem alten Gebäude. Bei der Bombardierung Oettingens waren 199 Menschen ums Leben gekommen (darunter auch Gottfried Thum aus Hainsfarth, Hs.-Nr. 84), zahlreiche Oettinger wurden obdachlos.
Das Kriegsende in Hainsfarth
(nach Aufzeichnungen von Wendelin Stockinger)
Im April 1945 war die deutsche Armee auf dem Rückzug. Dabei ging die deutsche Flak am 22. April 1945 am Rande des Dorfes mit schweren und leichten Geschützen in Stellung. Zwei 2,8 cm Geschütze wurden am Dorner-schen Bierkeller und drei 5 cm Schnellfeuerkanonen am Büchele und am Judenfriedhof aufgestellt und sollten die anrückenden feindlichen Truppen von Steinhart her unter Feuer nehmen. Ebenso stand die Abwehr am nordwestlichen Ausgang des Dorfes in Richtung Gunzenhausener Straße verschanzt. Doch die alliierten Truppen machten Umgehungsbewegungen, die eine östlich des Dorfes am Hahnenkamm entlang, die andere westlich an der württembergischen Grenze gegen die Donau zu. Nach eintägigen Kampfhandlungen in unserer Gegend musste sich die deutsche Artillerie rasch über die Donau absetzen, um nicht abgeschnitten zu werden. Am 23. April 1945 sprengten Soldaten der SS morgens um 6 Uhr die Wörnitzbrücke in Munningen und um 8 Uhr die Brücken in Oettingen um den Vormarsch der Amerikaner hinauszuzögern. Durch die Druckwellen der Sprengungen zerbarsten auch in Hainsfarth Fensterscheiben.
Der damalige Bürgermeister Ballheimer wollte mit seinen Gemeinderäten das Dorf verteidigen. Am Dorfeingang in der Römerstraße waren bereits „Panzersperren” aus Leiterwägen errichtet worden. Andere Bürger hingegen sahen den Wahnwitz dieses Vorhabens und versuchten dies zu verhindern. So zogen einige beherzte Bürger (Wendelin Stockinger, der katholische Ortspfarrer Benz, der evangelische Pfarrer Leimbach, Oberlehrer Lutz und andere) zur Wohnung Ballheimers, der sich mit seinen Gemeinderäten und dem NSDAP-Ortsgruppenleiter versammelt hatte und über weitere Maßnahmen beratschlagte.Die Versammelten wurden mit Gewalt an der Verteidigung des Dorfes gehindert und entwaffnet. Bürgermeister Ballheimer wurde im Keller unter dem Kirchturm unter Arrest gestellt. Bis die Amerikaner das Dorf besetzt hatten wurden Wachen aufgestellt. Am 24. April 1945 standen in den Hofäckern (am westlichen Dorfrand) einige amerikanische Panzer und richteten ihre Kanonen auf das Dorf. An diesem Tag erfolgte um 9.30 Uhr die Übergabe von Hainsfarth an die Amerikaner. Ein Kapitän mit zwei Spähwagen Besatzungen durchsuchte den Ort und ordnete an, dass wegen der Fliegergefahr weiße Flaggen gehisst werden sollten. Der Ort wurde nun durchsucht. Alle vorhandenen Waffen mussten abgeliefert werden. Nachdem dies geschehen war, drehten die Panzer ihre Mündungsrohre vom Dorf weg.
Endlose Kolonnen von Amerikanern in bester Ausrüstung und Verfassung zogen mit gepanzerten Fahrzeugen und großen Zügen mit Kriegsgerät und Munition nach Süden. Jetzt wurde der Wahnsinn deutlich, der eine Verteidigung von Hainsfarth bedeutet hätte. In der Gemarkung entstanden große Lagerplätze der Amerikaner für Autos, Munition, Benzin usw., wodurch insbesondere in den Ecklesteilen, am Steinharter Weg, am Gebrunn und am Sand durch Anlegung eines Lazaretts in der Größe eines Dorfes auf bestem Wiesengrund großer Schaden für die Grundstücksbesitzer entstand. Die Grundstücke sahen nach dem Befahren durch die schweren Militärfahrzeuge aus wie umgepflügt. Die Getreidefelder boten bei der ohnehin schlechten Versorgungslage ein erschütterndes Bild.
Bedauerlich war, dass die abziehenden Deutschen große Zerstörungen hinterließen und neben der Eisenbahnbrücke auch die Fuhrwerksbrücke nach Oettingen unpassierbar war. Eine erste Arbeit bestand nun in der Erbauung einer Notbrücke nach Oettingen. Durch freiwillige Spenden von Hainsfarthern kamen 4000 Mark zusammen.
Schließlich durfte die kleine verbliebene Hainsfarther Glocke wieder in Friedenszeiten zu den Gottesdiensten rufen. Die Amerikaner hielten mit ihren Geistlichen in Oettingen zusammen mit den Deutschen den Gottesdienst ab.
Deutsche Soldaten zogen in Zivil die Straßen entlang und strebten ihrer Heimat zu. Die kriegsgefangenen Polen, Russen, Ukrainer usw. beantragten nach dem amerikanischen Einmarsch ihre Rückführung in die Heimat.
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Gefallene des Zweiten Weltkrieges
Im Zweiten Weltkrieg 1939-1945 waren zahlreiche junge Männer aus Hainsfarth als Soldaten an den Kriegsschauplätzen in Europa, Asien und Afrika. Von den Kriegsteilnehmern kamen 76 ums Leben. Davon sind 57 Soldaten gefallen und 19 als vermisst gemeldet. Für den Zweiten Weltkrieg ist die Zusammenstellung der Namen wesentlich schwieriger als für den Ersten Weltkrieg. Dafür gibt es verschiedene Gründe:
- Der Krieger- und Soldatenverein hat offenbar keinerlei Aufzeichnungen über die Gefallenen und konnte auch sonst nichts zu dieser Aufstellung beitragen. Bei den vielen Vermissten ist der Tod oftmals erst wesentlich später beurkundet worden.
- In dieser Liste befinden sich auch zahlreiche Namen von Gefallenen der Heimatvertriebenen. Diese sind nicht in Hainsfarth geboren und hier auch nicht aktenkundig. Das Andenken an die Verwandten haben jedoch die Familien der Vertriebenen mit nach Hainsfarth gebracht.
Die Daten wurden nach dem Sterberegister im Standesamt erhoben und mit den Angaben auf dem Kriegerdenkmal und auf dem Gedenkbild und den Sterbebildern verglichen.
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Nachkriegszeit — die Heimatvertriebenen
Auf Vorschlag des katholischen Ortspfarrers Benz wurde am 12. Juni 1945 Wendelin Stockinger (Hs.Nr. 32) von einem Offizier der amerikanischen Militärregierung in Nördlingen zum Bürgermeister von Hainsfarth eingesetzt und vereidigt. Mit sofortiger Wirkung setzte dieser in Gegenwart des ernannten neuen Bürgermeisters den alten Bürgermeister sowie den NSDAP-Ortsgruppenleiter ab. Sie wurden in ein Gefangenenlager transportiert. Die Amtsgeschäfte wurden nun in dem ehemaligen Judenhaus des Hermann Reiter (Hs.-Nr. 160) durchgeführt. In der folgenden Zeit hatte die Dorfverwaltung große Aufgaben zu leisten. Waren doch die Heimatvertriebenen unterzubringen und die rationierten Lebensmittel und Güter zu verteilen. Dabei stand dem neuen Bürgermeister der Oberlehrer Adolf Lutz zur Seite. Am 27. Januar 1946 fanden dann nach 13 Jahren Diktatur wieder freie Gemeindewahlen statt. Von 414 Wahlberechtigten (38 waren wegen Parteizugehörigkeit vor dem 1.5.1937 und als Amtsträger nicht zugelassen) stimmten 380 ab.
Der bisherige Bürgermeister Wendelin Stockinger wurde in seinem Amt bestätigt. Die Gemeinderäte waren:
Theodor Huggenberger (Wornfeld), Josef Seefried (Hs.-Nr. 217), August Schneid (Hs.-Nr. 93), Karl Kunder sen. (Hs.-Nr. 139), Jakob Rummel (Hs.-Nr. 45), Xaver Grimmeis (Hs.-Nr. 108), Franz Dollrieß (Hs.-Nr. 22).
Bereits in den Kriegsjahren waren in Hainsfarth ausländische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter untergebracht. Seit den verheerenden Bombenangriffen auf die deutschen Städte wurden ab 1942/43 zahlreiche ausgebombte Familien, aber auch Schulklassen in den Dörfern aufgenommen. Hierzu wurden leerstehende Häuser der vertriebenen Juden aber auch überschüssiger Wohnraum (Altsitzwohnungen) benutzt. Manche Familie aus der Stadt fand bei Verwandten eine Bleibe. Nach dem Krieg kamen dann die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten (vor allem Sudetenland und Schlesien). Über 10 Millionen Menschen mussten damals ihre angestammte Heimat, Haus und Hof, sowie fast alles Hab und Gut zurücklassen. Meist wurden sie über Nacht aufgefordert ihre Häuser zu verlassen. Von den Sammelstellen aus ging es dann unter unmenschlichen Verhältnissen in Viehwaggons über Durchschleusungsstellen in die regionalen Verteilstationen. In unserer Gegend kamen die Flüchtlinge über Furth im Wald nach Augsburg und wurden dann über Nördlingen ins Flüchtlingslager Heuberg transportiert. Von dort wurde die Zuweisung auf die einzelnen Ortschaften vorgenommen. Die örtlichen Bürgermeister hatten nun die Aufgabe, die Menschen den einzelnen Häusern zuzuteilen und für Unterkünfte zu sorgen.
In den Jahren 1945 bis 1948 waren die Dörfer voll mit Heimatvertriebenen, die teilweise verlegt und in anderen Wohnungen untergebracht waren.
1947 errichtete die Familie Schrey in der ehemaligen Schankhalle der Rummelsburg eine Werkstatt für Trikotagen. Hier wurden vor allem Polohemden aber auch andere Kleidungsstücke gefertigt. In der Fabrik arbeiteten teilweise 20 Frauen (vor allem Heimatvertriebene). Die Firma bestand bis um 1950.
In der Nachkriegszeit spielten einige der Heimatvertriebenen zusammen mit eingesessenen Hainsfarthern Fußball und bildeten eine Mannschaft. So kam es im Frühjahr 1949 auch zur Gründung des TSV Hainsfarth unter dem Vorsitz von Josef Strauß („Lerner-Sepp”).
Im Laufe der Jahre zogen viele dieser Flüchtlinge in die Großstädte, wo durch den Wiederaufbau Arbeitsmöglichkeiten entstanden. Für Hainsfarth konnten fast 500 Namen von Heimatvertriebenen ermittelt werden. Die meisten dieser Vertriebenen zogen in den folgenden Jahren wieder weg (viele davon ins Württembergische). Es haben sich jedoch auch mehrere Familien im Dorf niedergelassen und Häuser gebaut.
Die Heimatvertriebenen in Hainsfarth wurden nach einer Liste von Alfred Heinzel zusammengestellt und mit Hilfe von Zeitzeugen ergänzt. Es konnten etwa 500 Namen erfasst werden. Wenn nicht anders angegeben, stammen die Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland.
Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hainsfarth
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Führungen in der Synagoge - aktuell
Hier finden Sie den Link zu einer Anfrageseite für Besichtigungen über den Freundeskreis der Synagoge: https://www.synagoge-hainsfarth.de/besichtigung/
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Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hainsfarth
Bereits für das Jahr 1434 ist jüdisches Leben in Hainsfarth urkundlich bezeugt. Damit gehörte diese israelitische Gemeinde neben Oettingen und Wallerstein zu den ältesten im Ries. Trotz mancher Vertreibungen und Verfolgungen der Juden im Mittelalter förderten die Grafen von Oettingen die Ausbreitung und das Wachstum der jüdischen Gemeinde Hainsfarth.
Im 18. Jahrhundert wuchs diese sehr stark an und bildete über Hundert Jahre lang die stärkste Glaubensgruppe noch vor den Katholiken und Protestanten. Ein Bethaus ist bereits für das 18. Jahrhundert bezeugt und zu Beginn des 19. Jahrhundert wurde eine Schule und eine Mikwe errichtet. Erst 1850 konnte ein eigener Friedhof errichtet werden, nachdem vorher die Verstorbenen in Wallerstein beigesetzt worden waren. Im 19. Jahrhundert kam es zu einem massenhaften Wegzug vieler Hainsfarther Juden in die Großstädte und nach Amerika. Bekannte Personen wie kalifornische Multimillionär Michael Ries, der Münchner Bankhausgründer Heinrich Aufhäuser oder die Schauspielerin Therese Giehse stammen aus Hainsfarth oder haben ihre Wurzeln dort. Durch den starken Wegzug blieb nur noch eine stark überalterte und zusammengeschrumpfte Gemeinde übrig. Das Ende bildete 1942 die Deportierung der letzten jüdischen Einwohner von Hainsfarth in die Vernichtungslager.
In den Jahren 1993 bis 1996 wurde die 1860 eingeweihte Synagoge restauriert und bildet heute zusammen mit der renovierten Judenschule, dem Friedhof und den vermutlichen Resten einer alten Mikwe ein wunderbares Ensemble, das an die bedeutende jüdische Geschichte in Hainsfarth erinnert.Die Grafen von Oettingen erhielten im Jahr 1331 das kaiserliche Judenregal, das ihnen erlaubte, in ihrem Herrschaftsbereich Juden anzusiedeln und die Gebühren und Steuern für deren Schutz einzutreiben. Die von Kaiser Ludwig dem Bayern am 30. Mai 1331 in Nürnberg ausgestellte Urkunde erlaubte Graf Ludwig VI. zu Oettingen den Juden, „die jetzt bei ihm seßhaft sind oder seßhaft werden, daß er sie empfangen, nutzen und nießen solle.” Damit wird bestätigt, dass bereits damals in der Grafschaft Oettingen Juden ansässig waren. Vor allem in den Residenzorten Oettingen, Wallerstein und Baldern dürften diese gelebt haben.
Ein früher Nachweis ist eine Urkunde im oettingischen Archiv auf der Harburg aus dem Jahr 1345 in der ein Jude namens Pfefferkorn sich gegen den Oettinger Grafen für eine Jüdin aus Gunzenhausen verbürgt. Interessant ist das Siegel, das den in Baldern wohnenden Pfefferkorn als wohlhabenden und einflußreichen Mann ausweist. Vermutlich war er im Gewürzhandel tätig. Entsprechend zeigt sein Wappen drei Pfefferkörner.
In dieser Zeit bildeten sich in der Grafschaft Oettingen weitere Judengemeinden. Die bedeutendste war die in Wallerstein. Der dortige Friedhof bildete ein Zentrum, wo viele Rieser Juden aus anderen Gemeinden ihre Toten bestatteten. Im Ries sind neben Wallerstein und Oettingen die jüdischen Gemeinden Kleinerdlingen Mönchsdeggingen, Harburg und Ederheim zu erwähnen. Im benachbarten Württemberg befinden sich die Ansiedlungen in Pflaumloch, Oberdorf und Aufhausen bei Bopfingen und in Franken die von Mönchsroth und Schopfloch.
Während sich in der Nachbarschaft von Oettingen die Gemeinden in Hainsfarth und Steinhart über die Jahrhunderte stark weiterentwickelten, waren die kleinen Judengemeinden in Megesheim und Trendel im 16. und 17. Jahrhundert nur von kurzer Dauer.
Der erste bekannte schriftliche Nachweis jüdischen Lebens in Hainsfarth stammt aus einer Nördlinger Stadtrechnung des Jahres 1434. Demnach wurde am Nördlinger Henkelberg ein Jude aus Hainsfarth begraben. Der Visitationsbericht des Bischofs von Eichstätt aus dem Jahr 1480 nennt vier in Hainsfarth ansässige Juden. Hierbei handelte es sich natürlich um den Haushalt mit der ganzen Familie und dem Gesinde. Im Laufe der Jahrhunderte häufen sich die urkundlichen Belege und ab 1583 kennen wir auch erstmals die Namen von Hainsfarther Juden und die Anwesen, in denen diese gelebt haben. Es gab in Hainsfarth kein jüdisches Viertel, sondern die Juden lebten Tür an Tür mit den Christen. Dies änderte sich auch nicht grundlegend, als in der Judengasse, jetzt Jurastraße, sich im Laufe der Zeit eine Konzentration jüdischen Lebens sammelte.
Den Grundstock für die Entstehung dieses jüdischen Zentrums in der heutigen Jurastraße in Hainsfarth bildet der Verkauf des Anwesens Wittig im Jahr 1616. Das Anwesen gehörte zu den wenigen Freihäusern im Dorf, die keine Steuerabgaben zu entrichten hatten. Zu diesem Haus gehörte damals auch der Bereich der heutigen Synagoge. Der Vorbesitzer Emeram Seefried war als Bürgermeister in die Dienste der Oettinger Grafen gekommen und hatte die Amtsverwaltung in Klosterzimmern inne. Damals war es für wohlhabende Familien üblich, sich einen Nebenbesitz auf dem Land zu leisten. Oftmals handelte es sich hier um fest gebaute, schloßartig angelegte Steinhäuser, die aus den einfachen Hütten der Dorfbewohner hervorstachen. In Hainsfarth gab es zu dieser Zeit neben dem Wittig-Anwesen auch noch das spätere Gasthaus zur Sonne, das als Freihaus einem Oettinger Notar gehörte. Der stattliche Renaissance-Bau mit seinem Turm ist noch heute erhalten.
Nach dem Umzug von Emeram Seefried nach Nördlingen verkaufte dieser im Jahr 1616 sein Freihaus an den Juden Xander und dessen Sohn Samuel aus Wassertrüdingen. Diese Familie musste nun in den Schutz der Oettinger Grafen aufgenommen werden. Die neuen Besitzer des stattlichen Freihauses waren sicherlich sehr sehr wohlhabend. Da sie jedoch von der Steuer befreit waren, geben die Unterlagen über deren Vermögen keinen Aufschluß.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat diese wohlhabende Familie damals in ihrem Hofraum eine Mikwe errichten lassen, deren Spuren vor einigen Jahren entdeckt worden sind. Bei der archäologischen Untersuchung der Überreste fand sich noch die unterste Reihe der gewaltigen Quadersteine in situ. Auch die untersten Stufen der Treppe waren noch erhalten. Die oberen Steinteile dagegen waren jedoch bei den Baggerarbeiten durch Unachtsamkeit bereits herausgerissen und teilweise abtransportiert worden. Durch eine rechtzeitige wissenschaftliche Untersuchung wären genauere Erkenntnisse über die Geschichte und das Aussehen dieser Mikwe zu erzielen gewesen.
Sicher ist jedenfalls, dass die wenigen Begleitfunde, die bei der Anlage des Hainsfarther Ritualbades in die Baugrube gelangt sind, einer Datierung in die Zeit ab 1616 nicht entgegensprechen.
Die allgemeinen Zeitläufe im 30-jährigen Krieg mit der starken Entvölkerung auch von Hainsfarth legen nahe, dass die Mikwe bereits nach der Schlacht bei Nördlingen im September 1634 ungenutzt blieb und verfallen ist. In der Folgezeit sind vermutlich in Hainsfarth die Ritualbäder als einfache, kleine Anlagen in privaten Wohnhäusern untergebracht gewesen.
Von den ehemals 120 Anwesen in Hainsfarth waren nach dem 30-jährigen Krieg mehr als die Hälfte öde und verlassen. In der damals sogenannten Steggasse Richtung Steinhart – der heutigen Jurastraße – waren zeitweise nur noch zwei Häuser bewohnt. Der Wiederaufbau zog sich über Jahrzehnte hin. Auch in Hainsfarth sorgten viele Zuwanderer für neues Leben. In der Steggasse siedelten sich nun vermehrt jüdische Familien an, sodass bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts hier fast ausnahmslos Juden wohnten. Dass sich nun die Bezeichnung der Straße in „Judengasse” änderte liegt auf der Hand.
In dieser Straße wurde 1722 auch die erste Synagoge mit Vorsingerwohnung errichtet. Vermutlich war es nur Zufall, dass genau neben dem Platz der ehemaligen - inzwischen sicherlich verfallenen - Mikwe dieses neue Gebäude erbaut worden ist. Die Postkarte aus der Zeit um 1900 zeigt einen Blick in die Hainsfarther Judengasse. Die hier etwas zu groß dargestellte Synagoge (ganz rechts) bildete das Zentrum der Straße und der ganzen Gemeinde.
Für Hainsfarth ist im Jahr 1667 ein Abraham als Judenschulmeister bezeugt. Damals beschränkte sich der Unterricht auf religiöse Themen und fand in der Synagoge oder im Haus des Vorsingers statt. Daneben waren für die wohlhabenden Juden teilweise auch noch Privatlehrer tätig. Im Jahr 1810 wurde das Vorsingerhaus durch einen Schulhaus-Neubau ersetzt. In den Jahren 2016 bis 2018 wurde die Hainsfarther Judenschule grundlegend saniert.
Dieses Schulhaus war in den ersten Jahren nach seiner Errichtung mit 70 bis 90 Schülern voll ausgenutzt. Da dem israelitischen Lehrer entgegen den christlichen keine Grundstücke zur Verfügung standen, erfolgte die Besoldung von der Kultusgemeinde und den Eltern der Schüler. Das Niveau der jüdischen Schule in Hainsfarth war durchaus anspruchsvoll. So besuchten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rund dreimal soviele israelitische als christliche Kinder von Hainsfarth die Lateinschule und das Progymnasium in Oettingen. Der seit 1909 in Hainsfarth tätige Lehrer Emil Goldschmidt wurde im 1. Weltkrieg als Soldat eingezogen. Er ist am 1916 in Rumänien gefallen.
Durch den allgemeinen Bevölkerungsrückgang sank auch die Zahl der Neueinschulungen an der Hainsfarther Judenschule drastisch. Im Jahr 1923 war die Zahl der Schüler so stark gesunken, dass der Schulbetrieb eingestellt werden musste.
Der letzte Lehrer Ferdinand Kissinger war nach der Auflösung der Hainsfarther Schule in München als Hauptlehrer tätig. Er wurde 1941 in Kaunas in Litauen als Häftling ermordet.
Die jüdischen Schulkinder in Hainsfarth wurden nach der Auflösung der Schule auf die christlichen Konfessionsschulen verteilt. Hier im Bild die katholische Schule im Jahr 1931 mit Lehrer Adolf Lutz. In der Bildmitte ist die Schülerin Berta Aufhäuser zu sehen. Sie wurde 1924 als Tochter des Viehhändlers Willy Aufhäuser in Hainsfarth und seiner Frau Martha geb. Westheimer in der Jurastraße 19 geboren. Mit einem Kindertransport kam Berta Aufhäuser im Jahr 1938 nach England und war später in den USA verheiratet, wo sie 2003 verstorben ist. Ihre Eltern blieben in Hainsfarth und versuchten zu spät noch eine Auswanderung nach Brasilien zu erreichen. Sie wurden deportiert und gelten als verschollen.
Im Jahr 1813 wurde im Königreich Bayern das Judenedikt erlassen. Fortan war es den Juden auch erlaubt, sich im Handwerk zu betätigen und Grundbesitz zu bewirtschaften. Die Zahl der jüdischen Haushalts- oder Matrikelstellen wurde jedoch durch diesen Erlass streng begrenzt. Nur zögerlich betätigten sich die Hainsfarther Juden im Handwerk. Zu sehr waren die alten Traditionen der Handelstätigkeit in den Familien verwurzelt. Wir sehen eine Aufstellung der Berufe aus dem Jahr 1821. Die zehn Güterhändler und Geldverleiher hatten es hier natürlich teilweise zu großem Wohlstand gebracht. Auch die 45 Hainsfarther Viehhändler zählten meist zu den wohlhabenderen Familien. Das Schmusen – also das Vermitteln von kleineren Geschäften –, der Handel mit Ellenwaren, Federn, Altkleidern oder Alteisen reichte dagegen oftmals gerade so zum Lebensunterhalt.
Bereits um das Jahr 1700 machte die jüdische Bevölkerung in Hainsfarth einen Anteil von etwa einem Viertel aus. Hundert Jahre später waren in Hainsfarth etwa 40 % der Bevölkerung jüdischen Glaubens. Die restliche Bevölkerung bestand damals etwa zu zwei Dritteln aus Katholiken und einem Drittel Protestanten.
Auf diesem Ortsplan ist die Religions- und Konfessionsverteilung in Hainsfarth im Jahr 1830 eingetragen. Die grün markierten jüdischen Häuser konzentrierten sich in der Judengasse, sowie südlich des Dorfplatzes und im unteren Bereich der Mühlgasse. Jedoch wechselte durch Verkauf diese Verteilung ständig und so lebten Juden mit katholischen und evangelischen Christen Haus an Haus und Tür und Tür. Der starke Wegzug der Hainsfarther Juden vor allem ab 1850 führte dazu, dass diese ab etwa 1900 zu einer deutlichen Minderheit geworden waren. Noch vor dem Beginn der Naziherrschaft war die jüdische Gemeinde in Hainsfarth damit stark geschrumpft und überaltert.
Dieses Luftbild zeigt Hainsfarth um 1920. Ganz oben neben der rechten Bildecke liegt der Judenfriedhof.
Oben die Synagoge mit der alten Mikwe in der Judengasse. Am linken Bildrand ist die neue Mikwe unter belaubten Bäumen kaum zu erahnen. Diese Mikwe wurde im Jahr 1829 im Garten eines jüdischen Anwesens neu erbaut. Vorausgegangen war die Anordnung durch das Königreich Bayern, dass die jüdischen Ritualbäder im Land auf ihre Eignung hin untersucht werden mussten. Von den 182 im Kreis erfassten Bädern wurden nur vier als zweckmäßig erachtet. In Oettingen und Hainsfarth wurden die bisherigen Einrichtungen als sehr mangelhaft befunden. Wo der Vorgängerbau in Hainsfarth gelegen hat, ist leider nicht festzustellen. Möglicherweise befand sich damals die Mikwe in einem Privathaus.
Am 15. Mai 1829 wurden die beiden jüdischen Gemeinden in Oettingen und Hainsfarth angemahnt, weil sie immer noch keine Bauplanung vorgelegt hatten. Dann ging es jedoch sehr schnell.
Vom 24. Juni datiert ein vom fürstlichen Bauinspektor Wörlein gefertigter Plan für das Hainsfarther Bad-Häuschen. Noch im gleichen Jahr wurde die Mikwe errichtet. Zwischenzeitlich war es üblich geworden, hier auch eine Feuerung mit Beheizung des Wassers einzurichten.
Das einzige Foto der Hainsfarther Mikwe bildet dieses Luftbild aus dem Jahr 1959.
Am oberen rechten Bildrand etwas versteckt das Dach des Gebäudes hinter dem Stadel des Bauern Buckel zu sehen. Um 1961 wurde das zwischenzeitlich sehr baufällige Haus abgerissen. Zur Orientierung: links im Bild das Gasthaus zur Sonne. Anstelle der beiden rechts daneben angrenzenden Häuser befindet sich heute der Kindergarten mit dem Rathaus.
Obwohl es im Nachbardorf Steinhart einen eigenen Judenfriedhof gab, mussten die Hainsfarther ihre Verstorbenen über Jahrhunderte in das 12 Kilometer entfernte Wallerstein zur Beerdigung bringen.
Für eine Gemeinde mit über 400 Mitgliedern war das natürlich ein äußerst unbefriedigender Zustand. So beantragte am 19. November 1849 die Kultusgemeinde Hainsfarth die Errichtung eines eigenen Friedhofes. Das Grundstück am nordöstlichen Dorfende war bereits ausgewählt worden. Es folgten die üblichen amtlichen Gutachten über die Eignung des Platzes. Die Anlage des Friedhofes mit der Umfassungsmauer und dem Friedhofshäuschen wurde rasch umgesetzt und so konnte am 27. Oktober 1850 mit der Händlerswitwe Chaia Neumann die erste Beisetzung in Hainsfarth vorgenommen werden.
Ein echtes Hainsfarther Original war die „Schweden-Wally”. Sie wurde im Jahr 1905 in Hainsfarth als Tochter von Joseph und Walburga Dollrieß geboren. Ihr Vater war als Steinbruch-Sprengmeister und jüdischer Totengräber tätig. Nach dem Krieg bezog sie mit ihrem Mann Georg Wagner die Friedhofswohnung. Bis ins hohe Alter hinein kümmerte sie sich liebevoll um die Pflege des Friedhofes. Besuchern erzählte sie mit großer Leidenschaft von den Grabsteinen und den dort bestatteten Personen. Dieses Engagement brachte ihr den Namen „Friedhofs-Wally” ein. In mehreren Zeitungsberichten, Radio- und Fernsehbeiträgen wurde über sie berichtet. Im Bild ist sie mit einem Fernsehteam zu sehen. Verstorben ist sie am 25. November 2003 mit 98 Jahren.
Die allermeisten der 290 Grabsteine sind noch heute vorhanden. Alle Gräber wurden vor Jahren in einer Forschungsarbeit dokumentiert.
Im Jahr 1856 wurde die alte Synagoge aus dem Jahr 1722 wegen gravierender Schäden baupolizeilich geschlossen. Die samstäglichen Gottesdienste fanden daraufhin in einem provisorisch zum Betsaal umfunktionierten Schulzimmer statt. Nach dem Abbruch des alten Gebäudes konnte zu Beginn des Jahres 1859 mit dem Neubau begonnen werden. Die Einweihung erfolgte am 24. August 1860. Rechts im Bild sehen Sie das Programm der Einweihungsfeier sowie dahinter eine Postkarte, die 1906 versendet worden ist mit Kirche und Synagoge. In Hainsfarth pflegten Christen und Juden meist ein gut nachbarschaftliches, ja teilweise freundschaftliches Verhältnis. So berichten Zeitzeugen, dass einmal im Jahr an einem Festtag die Christen in die Synagoge eingeladen wurden. Auch war es durchaus üblich, dass Christen in jüdischen Haushalten beschäftigt wurden. Auch die Reinigung der Synagoge oder den Totengräberdienst erledigten Christen.
Das alles änderte sich in den schrecklichen Jahren der NS-Diktatur. In der Reichskristallnacht 1938 wurde auch die Synagoge in Hainsfarth von Mitgliedern der NSDAP gestürmt und geschändet. In dieser Zeit der Entrechtung und Verfolgung gab es jedoch auch in Hainsfarth viele Beispiele von Nächstenliebe gegenüber den bedrängten jüdischen Nachbarn. So war bei der heimlichen Flucht der Familie Steinharter die Nachbarfamilie Griesbauer eingeweiht und schwieg über deren Fluchtpläne. Die Lebensmittelhändlerin Eugenie Scheller brachte ihren jüdischen Nachbarn heimlich Lebensmittel. Dem damaligen, im Oktober 1938 verstorbenen Bürgermeister August Wiedemann wurde von vielen Zeitzeugen, aber auch von Geflüchteten ein äußerst menschliches Verhalten gegenüber den Hainsfarther Juden bescheinigt, das oft weit über den Ermessungsspielraum hinausging. In seinem Haus wurde Jahrzehnte später bei Renovierungsarbeiten die versteckte Thorarolle gefunden.
Von den 44 in der NS-Zeit noch in Hainsfarth wohnhaften Juden gelang 13 nachweislich die Flucht, von fünf anderen ist das Schicksal ungeklärt. 26 Hainsfarther Juden und mindestens zwölf in Hainsfarth geborene Personen wurden deportiert und in den Konzentrationslagern ermordet. Im August 1942 waren die letzten von ihnen aus Hainsfarth abgeholt worden.
Die Synagoge wurde am 31. März 1939 zusammen mit der Schule an die politische Gemeinde verkauft. Nach dem Krieg war die amerikanische Militärregierung bemüht, den enteigneten jüdischen Besitz zu sichern und an die jüdische Nachlassverwaltung zurückzuführen. Natürlich hatte von den Überlebenden des Holocaust keiner mehr ein Interesse, nach Hainsfarth zurückzukehren.
So wurde die ehemalige Synagoge 1950 an den Spar- und Darlehenskassenverein veräußert, der dort 1956 eine Gemeinschaftsgefrieranlage eingebaut hat. Rechts im Bild ist der Rückbau dieser Gefrieranlage zu sehen. Der Rest des Gebäudes wurde damals als Kunstdüngerlager genutzt.
Im Jahr 1963 erwarb die Evangelische Kirchengemeinde Oettingen das Synagogengebäude. Die ursprünglichen Pläne zum Umbau zu einer Kirche wurden wieder verworfen.
1978 wurde die Synagoge an die politische Gemeinde verkauft und als Bauhof genutzt. Links im Bild sehen Sie den damaligen Zustand mit dem eingebauten Tor. Nach Anregungen von Carl Völkl, Chefredakteur der Rieser Nachrichten und Staatsminister Anton Jaumann wurde ernsthaft über die Renovierung des Gebäudes nachgedacht. Am 18. Januar 1984 fand hierzu ein erstes Expertengespräch statt. Nach langwierigen Planungen wurde 1989 das Gebäude ausgeräumt und ab 1993 mit den Bauarbeiten begonnen.
Insgesamt kostete die Sanierung der Synagoge 2 Millionen DM. Neben der Mithilfe bei der Finanzierung durch die politische Gemeinde Hainsfarth war es auch wichtig, in den Gremien und in der Bevölkerung dieses Projekt durchzusetzen und Akzeptanz für das Projekt zu schaffen. Ida Oltmann, Jahrgang 1915 hat sich als Kreisrätin und Gemeinderätin sehr stark für die Instandsetzung der Synagoge eingesetzt. Für ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement erhielt die 2002 verstorbene Hainsfartherin im Jahr 1982 das Bundesverdienstkreuz. Links im Bild ist Max Engelhardt zu sehen. Der Name des damaligen Hainsfarther Bürgermeisters ist untrennbar mit der Renovierung der Synagoge verbunden. Sein Engagement brachte ihm hierfür nicht nur Lob und Anerkennung ein. Trotz vieler Widerstände konnte die Sanierung zu einem glücklichen Ende gebracht werden.
Die Synagoge wurde nach dreijähriger Umbauzeit am 28. April 1996 mit einer Abschlussfeier eingeweiht. Unter den Ehrengästen befand sich damals auch der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland Ignatz Bubis.
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Personen
Michael Ries/Michael Reese
Makler in Chicago
* 11.06.1815 Hs.-Nr. 14,
+ 02.08.1878 WallersteinWie bereits angesprochen sank die Größe der Hainsfarther Judengemeinde im 19. Jahrhundert sehr stark. Viele junge Leute zogen aus den Dörfern in die Städte. Allerorten ist ein starker Rückgang in den jüdischen Landgemeinden zu verzeichnen, während die Städte starken Zuwachs erhielten. In Nördlingen bildete sich ab 1860 nach 350 Jahren wieder eine jüdische Gemeinde.
Aber auch die Auswanderung nach Übersee führte zu einem starken Aderlass bei der Hainsfarther Gemeinde. Von 147 namentlich bekannten Auswanderern aus Hainsfarth waren 72 jüdischen Glaubens. Der früheste und zugleich bekannteste Name ist Michael Ries. Im Jahr 1815 in Hainsfarth im Haus Nummer 14 nahe der katholischen Kirche geboren, ging er zunächst nach München und landete 1838 in Baltimore. Zuerst im Gerberhandwerk tätig, gründete er später eine Importfirma in New York. Seine Geschwister folgten ihm in die Neue Welt. Seine Geschäfte führten in über Rückschläge und Bankrott bis zum Multimillionär.
Bereits als angesehener Gönner der Universität von Californien reiste er 1878 nach Europa, wo er bei einem Besuch des Grabes seiner Mutter in Wallerstein an einem Schlaganfall starb. Sein monumentales Grabdenkmal in Wallerstein ist heute noch erhalten. Er bedachte in seinem Testament auch die israelitische Kultusgemeinde und die politische Gemeinde in Hainsfarth mit beträchtlichen Summen. Aus dem Nachlass wurde das Armenhaus errichtet. Ein Krankenhaus in Chicago wurde mit 200.000 Dollar bedacht und nennt sich heute noch „Michael Reese Hospital”. Sie sehen es rechts unten.
Heinrich Aufhäuser
Ein anderer gebürtiger Hainsfarther machte in München Karriere. Als Hirsch Aufhäuser am 1. März 1842 in Hainsfarth geboren ist seine rituelle Beschneidung am 9. März in das Standesregister eingetragen.
Die Eltern lebten in äußerst bescheidenen Verhältnissen hier in der Nachbarschaft am Rosenbuck 3 (später Familie Hertlein). Unter dem eingedeutschten Namen Heinrich Aufhäuser gründete der nach München Abgewanderte dort 1870 das Bankhaus „Aufhäuser und Scharlach”.
Geschäftlicher Erfolg führte zur Verleihung von Vorstandsposten an der Münchner Börse, dem Münchner Handelsverein und der dortigen Israelitischen Kultusgemeinde. 1914 wurde er zum königlich-bayerischen Kommerzienrat ernannt. Er verstarb im Jahr 1917. Das Bankhaus führten danach seine Söhne weiter. Unter dem Namen „Hauck & Aufhäuser” gehört es noch heute zu den feinen Adressen in München.
Therese Giehse
(eigentlich Therese Gift) * 1898, + 1975 München
Tochter von Salomon Gift und Gertrude geb. HainemannDirekt in der Nachbarschaft wurde 1849 in dem Haus „Rosenbuck 1” (heute Familie Regel) Salomon Gift geboren. Als 14-jähriger kam er mit seiner Familie nach München, wo er später Gertrude Hainemann heiratete. Aus der Ehe ging 1898 die Tochter Therese hervor, die später als Schauspielerin Therese Giehse Karriere machte. Während der NS-Zeit nach Amerika geflohen war sie später im Ensemble von Bertold Brecht aktiv und kam als „Mutter Courage” 1941 in Zürich zu Bekanntheit. Bis zu ihrem Tod 1975 war sie in zahlreichen Filmen und Serien im Fernsehen zu sehen. 1988 wurde ihr eine Briefmarke gewidmet.
Heinrich Steiner
(* 28.01.1881), Handelsmann,
Feuerwehr 05.01.1881,
Schriftführer und Ehrendiplom 1896
08.02.1931 Ehrenmitglied nach 50-jähriger Dienstzeit
am 25.08.1943 von Nürnberg deportiert nach Theresienstadt
Frau und Tochter starben noch in Hainsfarth, weitere Tochter 1938 nach PalästinaIn Hainsfarth waren die Juden sehr stark in das Gemeindeleben integriert. Im Gemeinderat waren sie ebenso aktiv wie in den Dorfvereinen. Die 1871 gegründete Freiwillige Feuerwehr Hainsfarth führt in den Mitgliederverzeichnissen 16 Hainsfarther Juden auf. Am 25. Febr. 1935 wurden die letzten im Verein verbliebenen Juden aufgrund ihrer nichtarischen Abstammung aus dem Verein ausgeschlossen. Viele von Ihnen waren zuvor langjährig aktiv gewesen. Hier in Beispiel: Der 1861 in Steinhart geborene Hajum oder Heinrich Steiner kam bei der Auflösung der dortigen Judengemeinde mit seiner Familie nach Hainsfarth, wo er später einen eigenen Hausstand gründete. Er lebte neben der katholischen Kirche im Anwesen Pfarrgasse 2 – heute Familie Meyer, Hausname „Gratz”. Heinrich Steiner, bei dem übrigens meine Großmutter als Dienstmagd tätig war, betätigte sich als Viehhändler. Er trat 1881 in die Hainsfarther Feuerwehr ein. 1896 wurde er zum Schriftführer berufen und 1931 nach 50-jähriger Dienstzeit zum Ehrenmitglied ernannt, wie das Protokollbuch ausweist. Er wurde 1943 nach Theresienstadt deportiert und ermordet. Seine Frau und eine Tochter starben noch in Hainsfarth. Eine weitere Tochter ist 1938 nach Palästina geflohen.
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Gefallene Juden im 1. Weltkrieg
Auch der Veteranenverein hatte jüdische Mitglieder. Immerhin kämpften im 1. Weltkrieg auch Hainsfarther Juden für das Deutsche Reich. Einige von ihnen sind auch gefallen. Drei ihrer Namen finden sich am Kriegerdenkmal. Auch im Gesangverein ist mit Hermann Reiter ab 1909 ein jüdisches Mitglied zu verzeichnen. Auf dem großen Bild der Schützengesellschaft von 1910 ist in der Mitte der 1845 geborene Schneidermeister Joseph Schloßmann inmitten seiner Schützenbrüder zu sehen. Er ist 1916 gestorben und wurde in Hainsfarth begraben.
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Schicksale einiger Einwohner in der NS-Zeit
Besonders bewegend sind die Schicksale der deportierten Juden, die aus Hainsfarth stammen. Zu Ihnen zählt Julius Steiner, der im Jahr 1900 als Sohn des Gemeinderates Isidor Steiner in der Mühlgasse geboren worden ist. Später als Kaufmann in Oettingen lebend, wurde er 1939 nach Augsburg zwangsumgesiedelt und später mit seiner Frau nach Auschwitz deportiert.
Adolf Schäfer, der 1875 in Hainsfarth in der Jurastraße 2 geboren wurde, war ab 1914 als Kaufmann in Stuttgart tätig und verheiratet. 1940 wurde er in eine Gemeinschaftsunterkunft zwangsumgesiedelt und am 26. April 1942 mit 280 Juden aus Württemberg nach Izbica in Polen deportiert. Seine sämtlichen Geschwister wurden ebenfalls ermordet. Lediglich den Geschwistern seiner Frau Lina Marx gelang die Flucht. Im Jahr 2015 wurde an seinem ehemaligen Wohnhaus in Stuttgart in der Elisabethenstraße 40 ein Stolperstein zu seinem Gedenken angebracht.
Besonders bewegend ist das rechte Bild. Es zeigt die 1868 geborene Jette Engländer, mit ihrem 1934 geborenen Enkel Martin Gernsheimer. Sie lebte bis zu ihrer Deportation in Hainsfarth in der Steinstraße 4. Ihr Sohn Siegfried wanderte nach Argentinien aus, während vom Schicksal des Sohnes Julius keine Nachricht bekannt ist. Der Enkel Martin Gernsheimer wurde als achtjähriger Bub zusammen mit seiner Mutter und seiner Großmutter nach Piaski in Polen deportiert und ermordet.
Etwas andere Geschichten
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Entstehung der Gemeinde – die Vierer
In der Entstehungszeit des Dorfes hatte der Besitzer des Meierhofes in der Jurastraße die Funktion eines Ortsvorstehers inne. Im Laufe des Mittelalters kam es dann zur herrschaftlichen Zersplitterung von Hainsfarth. Die Verwaltung der Gemeindefinanzen oblag damals den sogenannten Vierern. Dazu wurden von der Gemeindeversammlung (unter dem so genannten „Lindenkreben” = Dorfplatz am Gemeindestein) vier Männer guten Leumunds von der Gemeindeversammlung gewählt. Damit die wichtigsten Landesherren in diesem Gremium vertreten waren, musste jeweils ein Vierer oettingisch, spielbergisch, markgräflich und deutschordisch sein. Diese paritätische Besetzung galt auch für das Feldgericht. Es wurde jährlich an Michaelis (29. September) eine Rechnung aufgestellt und bei der Gemeindeversammlung am Dorfplatz verlesen. Jetzt wurden auch die neuen Mitglieder gewählt. Normalerweise rückten jährlich zwei neue Mitglieder nach.
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Die Hainsfarther Hummelwascher
Wie jedes Dorf so hat auch Hainsfarth seinen Spitznamen. Die Geschichte von einem schwarzfleckigen Gemeindestier, dem die Hainsfarther angeblich seine schwarze Farbe herunter waschen wollten, damit er zu den rotscheckigen Kühen im Dorf passt, soll hier im Hainsfarther Dialekt erzählt werden.
D'Hoansfarder Hummelwascher
In Hoansfard wor d'r Gmoahummel scho recht ald gwora und weil'r nix mea tauchd hot, habba d' Hoansfarder b'schlossa, dass ma'n schlacht und an jingera a'schafft. Weil grad Ährad wor, hott d'r Burchamoaschd'r und sei Gmoarät koa Zeit g'het, dass aff'n Viechmarkt ganga und oan koffa. Do hott si d'r Gmoadeaner aboda, dass er oan bsorcht. So hott ma'n zom Eikoffa furtgschickt. Am Obnd isch'r hoam komma und hott dadsächli an Hummel mitbrocht. Es war a Mordskerl — a Brachtexemblar. Aber oan Fehler hot'r g'het. D' Hoansfarder Kiah wora alle roatscheggad, der Hummel aber diaf-schwarz. Des hot net sei defft. Was iatz?
A Vorschlach aus d'r V'rsammlung wor, dass ma d' Kiah oafach schwarz amola soll. Des wär aber z' vill Erbad g'wäsa und o mit vill Koschda v'rbunda gwest. Oafacher wär's doch, wenn ma den schwarza Hummel schea weiß wascha dead und d'rnoch scheggad amolad. Des wor a guad'r Vorschlach. Also habba d' Hoansfarder schnell Schrubber und Bischda, warms und kalds Wasser g'holt. Dann hod ma groaßa Hummelwesch g'macht. Ma hot g'rieba, butzt und gmacht. Ob der Hummel do d'rbei sei schwarza Farb v'rlora hot, woaß ma ned. Aber dass d'Hoansfarder seitdem an neia Nama habba: Hummelwascher
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Hausnahmen in Hainsfarth
Die Hausnamen dienten in früherer Zeit zur Unterscheidung von gleichnamigen Familien. So gab es in Hainsfarth zahlreiche Familien Dollrieß, Dantonello, Mebert und andere, die durch verschiedene Hausnamen unterschieden wurden. Die ältesten Hausnamen sind die Hofnamen die teilweise bis ins Mittelalter zurückreichen (z. B. „Ruckbauer” Hs.-Nr. 7, „Bachbauer” Hs.-Nr. 142, „Hetzenbauer” Hs.-Nr. 45). Viele Hausnamen leiteten sich von einem Beruf ab (z. B. „Becka-Mebert” Hs.-Nr. 62, „Neubeck” Hs.Nr. 53, „Braungassenweber” Hs.-Nr. 185). Vielfach sind auch die Vorbesitzer Namengeber für einen Hausnamen (z. B. „Dorner” Hs.-Nr. 136, „Metz” Hs.-Nr. 181). Manchmal hielt sich ein Hausname auch über einen Besitzwechsel oder Verkauf hinweg. Es gab aber auch Hausnamen, die beim Umzug des Besitzers mit auf dessen neues Haus gelangten (z.B. „Gratz” Hs.-Nr. 12).
Auch unter den „Gäulbauern” gab es zahlreiche Hausnamen: „Niklas” Hs-Nr. 137, „Bachbauer” Hs-Nr. 142, „Reiber” Hs-Nr. 189, „Schweizer” Wornfeld 2.
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Das Rockenlicht
Als es noch kein Fernsehen gab, und Veranstaltungen im Dorf auf Kirchweih, Dorfhochzeiten und Christbaumverlosungen an Weihnachten beschränkt waren, verbrachten die Burschen die langen Winterabende im Rockenlicht. Es suchten sich in der Regel immer vier bis sechs Jugendliche eine gastfreundliche Familie, die bereit war, ein Rockenlicht aufzunehmen. Bevorzugt waren natürlich Familien, in denen es junge, hübsche Mädchen gab. Man kam dort im Winter fast täglich zusammen. Es wurde immer das Neueste aus dem Dorfleben aufbereitet, Gaudi gemacht und viel Karten gespielt. Die Frauen machten Handarbeiten. Früher wurde auch gesponnen, daher kommt der Name (Spinnrocken). Das Rockenlicht war auch der Ort, an dem jeder neue Jahrgang das Tanzen lernte.
Wenn in der Gastfamilie Metzgersupp war (ein Schwein geschlachtet wurde) gab es ein Fest. Die Rockenlichtfamilie stellte das Essen, meistens Krautenfleisch, die Burschen stifteten die Getränke. Gelegentlich ging man auch zu anderen bekannten oder befreundeten Familien zum „Spiesrecken”, wenn dort geschlachtet wurde. Es wurde ein Eimer an einer langen Gabel zur Küchentür hineingehalten, um vom geschlachteten Schwein etwas abzubekommen und schon war wieder ein kleines Fest gerettet. Die Älteren in Hainsfarth erinnern sich noch an Rockenlicht in den Häusern Nr. 1 (Pröll), 42 (Schülein), 185 (Erdle), 194 (Seefried) und 217 (Seefried). Das Rockenlicht hielt sich bis in die 1960er Jahre hinein. Dann kamen das Fernsehen und die Diskotheken und das Rockenlicht hatte wie viele andere alte Bräuche ausgedient.
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Die Gemeindeweide
Das Gemeinderecht erlaubte früher jedem Besitzer die Benutzung der Gemeindegründe als Weide. Die Vieh- und Roßweide mit 60 Hektar wurde 1806 an die einzelnen Hainsfarther Anwesen verteilt. Danach wurde das gemeindliche Viehhüten jedoch noch weiter praktiziert. Nun wurden im Herbst nach dem Schneiden des Getreides die abgeernteten Äcker und nach der letzten Mahd auch die Wiesen von den Hainsfarther Rindern abgegrast.
Lydia Stangenberg geb. Griesbauer erinnert sich, dass um 1936 ihr Vater Georg Griesbauer (Hs.-Nr. 55 b) zusammen mit seinem Schwager Friedrich Rummel (Hs.-Nr. 170 a) das gemeindliche Viehhüten übernahm. Dazu wurde morgens durchs Dorf gegangen und mit einem Blechhorn geblasen. Das war für die Leute das Signal, die Rinder im Stall loszubinden und auf die Straße zu treiben. Die so entstehende Herde wurde von Hof zu Hof größer und wurde nun auf die Weideflächen getrieben. Das größte Problem war es, am Abend wieder jedes Rind in seinen eigenen Stall zu bekommen. Während die älteren Kühe mit ihren Kälbern allein in ihre gewohnte Umgebung zurückstrebten, war es bei halbwüchsigen Rindern oftmals schwierig, diese wieder in ihren Stall zu treiben. Dabei halfen dann die Frauen und Kinder der Viehhirten mit. An Kirchweihtagen bekamen die Kinder der Hirten dann von den Dorfbewohnern Backwaren geschenkt. Nach etwa 1937 hörte in Hainsfarth die gemeinschaftliche Beweidung auf. Nun führten einzelne Bauern nur noch jeder für sich ihre Rinder auf die Weide, was dann später auch aufgegeben wurde.
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